RTA – Aktuelle Entwicklung im Real Time Advertising


“RTB demokratisiert den Markt,  weil man nicht groß sein, sondern nur eine clevere Technologie haben muss“ Boris Kurschinski (Google) Online Display Werbung hat sich über die vergangenen Jahre einem ständigen Wandel unterzogen. Neben der traditionellen Online Display Werbung sind neue Technologien wie das RTA hinzugekommen, welches eine datengetriebene und granulare Ausspielung von Werbung in Echtzeit im Internet ermöglicht. RTA ist weitestgehend unabhängig vom Werbeumfeld. Es geht nicht mehr hauptsächlich darum, Werbemittel in einem zum Content passenden Umfeld einer Webseite auszuspielen. RTA zeichnet sich viel mehr dadurch aus, dass der User eine auf sein Verhalten zugeschnittene Aussteuerung von Werbemitteln erhält.  Ringel bezeichnet diesen Wandel von „Content is King“ zu „Audience is King“. [1]

Funktionsweise RTA
Funktionsweise des RTA [2]

Die technologischen Bedingungen von RTA bieten die Möglichkeit, innerhalb von Millisekunden zu einer einzelnen Ad Impression durch den Real Time Bidding (RTB) Prozess ein Nutzerprofil errechnet, worauf ein Advertiser bieten kann. Die Intention von RTA ist es, durch bestimmte Targeting Methoden dem Nutzer beim Besuch einer Webseite ein auf ihn zugeschnittenes Werbemittel zu präsentieren und damit eine höhere Klickrate hervorzurufen.

Akteure im RTA

Im Ökosystem des RTA müssen diverse Akteure auf der Sell- und auf der Buy-Side zusammenspielen, damit die Werbung des Advertisers vom Publisher angeboten werden kann. Hierzu gehören verschiedene Marktmacher wie z.B. Media-Agenturen, Ad Exchanges, Ad Networks, Supply Side Platforms, Demand Side Platforms und Vermarkter. Die Mitwirkung am RTA ist vor allem für Agenturen, Vermarkter und Publisher erst möglich, wenn ein Zugang zu den benötigten technischen Plattformen gegeben ist,  die eine Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager ermöglichen. [3]

Eine DSP ist ein Werbemarktplatz, an den diverse Webseitenbetreiber angeschlossen sind und zu dem ein Advertiser direkten Zugang erhält. [4] Eine DSP ermöglicht die Ersteigerung von Werbeplätzen über eine Auktion und realisiert die Überprüfung und Bewertung von Werbeplätzen in Echtzeit auf der Grundlage von Daten und historischen Werten. [5] DSPs können in Eigenregie (Self Service) genutzt werden oder durch einen externen Anbieter angeboten werden. Bei einer Managed Service Leistung wird für den Kunden die Beratung, Planung, Durchführung sowie das Reporting der Kampagnen übernommen.

Eine SSP ist eine Verkaufsplattform, die als Dienstleister den automatisierten Vertrieb für das Werbeinventar für den Publisher managt. [6] SSPs reichern Nutzerprofile in Echtzeit mit Daten an. Eine SSP sorgt dafür, dass die Preise der verkauften Impressions möglichst hoch sind. Wobei am Ende der Höchstbietende Advertiser den Werbeplatz erhält. Eine SSP erlaubt dem Publisher, das eigene Inventar mit verschiedenen Ad Exchanges, DSPs und Ad Networks zu verknüpfen und dadurch das Potential an möglichen Käufern für Werbeplätze zu vergrößern. [7] Durch das Setzen von „Price Floors“ oder das Eingrenzen von Advertisern, die Inventar über die Seite ersteigern dürfen, erhält der Publisher mehr Kontrolle.

Eine DMP ist ein technisches Versorgungsnetz, welches Nutzerprofile mit Hilfe von On- und Offline-Daten in Echtzeit anreichert. [8] Dabei wird die Erhebung, Verwaltung und die Bereitstellung von Zielgruppen zur individualisierten Ansprache von Usern ermöglicht. Online-Shop Anbieter können Daten sammeln, indem sich Kunden für einen Newsletter anmelden oder sie sich mit einem bestimmten Produkt auseinandergesetzt und es möglicherweise auch gekauft haben. Anhand der Daten können Schlussfolgerungen über die Vorlieben und Interessen von einem Nutzer getroffen werden. Eine DMP ist für den RTB-Prozess von großer Relevanz, da die Daten, aus unterschiedlichen Quellen zusammengesetzt, eine große Gruppe ergeben und dadurch die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Zielgruppen ermöglicht wird. [9]

Ein Trading Desk ist ein Planungstool und dient als Einkaufplattform für Werbeinventar. [10] Trading Desks können unterschieden werden in ein Agency Trading Desk oder in ein Independent Trading Desk. Ein Trading Desk übernimmt für den Advertiser über RTA den Einkauf von Werbeplatzierungen. [11] Es setzt für gewöhnlich diverse Self Service DSP Plattformen ein und übernimmt für alle Agenturen den Entwurf, Entwicklung, Steuerung und Optimierung aller Kampagnen der Agentur-Mandanten. Ein Trading Desk verwaltet die Daten der Advertiser, die für die verschiedenen Targeting Methoden genutzt werden. Ebenso können über dieses auch neue Daten zurückgegeben werden. [12]

Eine Data Exchange agiert als Geschäftsplattform für den Ein- und Verkauf von Daten. So kann der Publisher einer Webseite beispielsweise Profile in Form eines Cookie-Pools verkaufen, die den Interessen seiner Nutzer entsprechen. Diesen Cookie-Pool wiederum kann ein Advertiser über die Data Exchange einkaufen und für die Auslieferung seiner RTA Kampagne nutzen. Die angesprochenen Interessenprofile können vom Advertiser als Targeting Möglichkeit für bestimmte Zielgruppen eingesetzt werden. [13]

Beschaffung der Userdaten im RTA

Es gibt zwei Arten von First-Party-Data, da sie entweder vom Advertiser oder vom Publisher durch einen direkten Kontakt mit dem Kunden erhoben werden können. [14] First-Party Daten sind mehr Wert als alle anderen Daten, da sie selbst erhoben worden und daher einmalig sind, zudem sind sie auch noch kostenfrei. [15] Jedoch sind sie im Umfang auch limitiert, da es immer mehr über den Kunden oder Interessenten zu erfahren gibt, als man alleine weiß. First-Party-Daten von Werbetreibenden können Daten eines Users sein, die während seines Besuchs auf der Webseite gesammelt wurden wie z.B. das Kaufinteresse an bestimmten Produkten oder demografische Angaben wie die Angabe von E-Mail Adressen aus Nutzerprofilen. Advertiser können das Verhalten ihrer User dazu nutzen, die Auslieferung der Werbung direkt auf die Bedürfnisse ihrer Kunden abzustimmen und Produktvorschläge innerhalb der eigenen Webseite vorzunehmen. Die Informationen werden jedoch auch für Display Werbung außerhalb der eigenen Webseite genutzt. Die Daten von Kunden werden häufig in internen CRM Systemen abgespeichert. Publishers First-Party-Data umfassen verhaltensbezogene Informationen, die um die Seite herum gesammelt werden. Publisher können die First-Party-Data dann für die Verbesserung von Werbekampagnen nutzen. [16]

Third-Party-Data stammen nicht vom Werbetreibenden selber oder sind über eine DSP erhoben worden, sondern können aus einer externen Datenquelle wie einer Data Exchange oder einer DMP zugekauft werden. Der Datenanbieter fungiert als Drittpartei zwischen dem Advertiser und dem Publisher. [17] Ein Third-Party-Data Anbieter wird von einem Publisher dafür bezahlt, dass dieser Informationen über seine Besucher sammeln und diese für bestimmte Nutzerprofile zusammensetzen darf. Diese Daten wiederum können dann an den Advertiser verkauft werden, der die Daten für die Steuerung seiner Werbekampagnen nutzt. Die Daten können sich auf ein bestimmtes Umfeld oder auf einen User beziehen. Sowohl für Publisher als auch für Advertiser ist der Vorteil, dass sie die Daten zusätzlich zu ihren eigenen First-Party-Data in das Profil eines Nutzers integrieren können, um dieses zu vervollständigen. Obwohl man Wissen über einen Nutzer dazu gewinnt, sind die Daten in dem gesamten Ökosystem vorhanden, und damit geht die Einzigartigkeit der Information verloren. [18]

Second-Party-Data sind nichts anderes als First-Party-Data direkt aus der Quelle, also z.B. von Shopbetreibern. Sie stammen aus erster Hand und sind damit genauso einzigartig wie die eigenen First-Party-Data. [19] Sie stehen nicht für jeden zum Verkauf und sind somit wertvoller als Third-Party-Data. Es ist nicht so einfach, an diese Daten heran zu kommen. Die Kunst ist es, die richtigen Deals mit den richtigen strategischen Partnern zu schließen, die entweder umsonst oder kosteneffizient sind. Der Handel mit solchen Daten kann mit einem bestimmten Publisher durch z.B. eine DMP statt finden. Hierüber können dann bestimmte Datenpunkte, Besuchergruppen, Hierarchien dem anderen Unternehmen angeboten werden. Die Konditionen, zu denen ein solcher Deal statt findet, muss im Vorwege mit beiden Parteien abgestimmt werden. Das Erwerben solcher hochklassigen First-Party-Data gibt einem Advertiser Zugang zu einer Zielgruppe, wo es ihm zuvor nicht möglich war, diese zu erreichen. [20]

Datenschutzrecht für das RTA

Damit in Deutschland die Privatsphäre der Internetnutzer gewahrt werden kann, sind besondere Anforderungen an Seitenbetreiber gestellt. Die europäischen Richtlinien sehen es vor, dass Nutzer grundsätzlich über Trackingmaßnahmen informiert werden müssen und sie der Speicherung von Cookies per „Opt-In“ Verfahren zustimmen bzw. „Opt-Out“ widersprechen können. Auf vielen Werbebannern gibt es mittlerweile sogenannte „AdChoices Icons“ oder auch „OBA“. Hierüber erhält der Internetnutzer Informationen über Daten, die über ihn gespeichert wurden. Über die „Opt-Out“ Option können Nutzer die Werbebanner deaktivieren. Die Digital Advertising Alliance stellt sicher, dass der Anbieter, der die Werbung ausliefert, die Datenschutzrichtlinien einhält. Nach dem Telemediengesetz § 15 ist die Nutzung von Daten in Deutschland unkritisch, solange Userprofile vollkommen anonymisiert sind und keinerlei personenbezogene Daten wie Namen oder IP Adressen beinhalten, es sei denn, ein Kunde hat seine Einwilligung zu einer anderweitigen Nutzung gegeben. [21]

Targeting Optionen im RTA

Targeting charakterisiert sich dadurch, dass Advertiser unter Einbeziehung von Daten User im Web gezielt und automatisch ansprechen können und damit die Reichweite zentralisiert werden kann. [22] Bestimmte Datentechnologien ermöglichen die zielgerichtete Ansprache von ausgewählten Zielgruppen und die Erhöhung der Relevanz der Werbung für den einzelnen User. Durch Targeting können Werbekampagnen durch eine zuvor genau definierte Zielgruppe optimiert werden und Streuverluste vermieden werden. Die Reichweite an einsatzfähigen Daten ist groß und kann, beliebig auf das jeweilige Ziel einer Kampagne abgestimmt, von den Advertisern eingesetzt werden.[23]  Targeting kann in Technisches Targeting, Audience Targeting und Contextual Targeting untergliedert werden.

Die verschiedenen Arten vom Technischen Targeting charakterisieren sich alle dadurch, dass ein User die Werbung erhält, die zu seiner technischen Umgebung passt. Es vermeidet, dass ungehinderte Multi-User-Kontakte stattfinden. Bei der Frequency Capping Methode wird die Kontaktfrequenz nach Anzahl und Zeiteinheit eines Werbemittels pro User gesteuert und vermeidet dadurch Streuverluste. Beim Geo Targeting wird das Werbemittel anhand von IP-Adressen innerhalb bestimmter Regionen ausgeliefert. Beim Betriebssystem oder Endgerät Targeting wird die Auslieferung der Werbung von dem jeweiligen Betriebssystem bzw. Endgerät des Users abhängig gemacht. Das zeitliche Targeting bezieht sich auf einen bestimmten Tag oder eine Uhrzeit, zu der eine Ad ausgespielt werden soll. Beim Bandbreiten Targeting wird die Auslieferung der Werbung von der Geschwindigkeit des Internetzugangs eines Users abhängig gemacht.

Audience Targeting beschreibt die Methode bei der User Profile auf Cookie-Basis getargetet werden. Es ist der Gegensatz zu Contextual Targeting. New Audience Targeting ist das Gegenteil vom Retargeting. Es bringt erstmals User auf eine Webseite. Das Lookalike Targeting kann als eine Art Unterform bezeichnet werden. Es werden sogenannte Käuferzwillinge gesucht, die schon existierenden Käufern ähnlich sind. Behavioral Targeting ist der Oberbegriff von Retargeting. Einem User wurde vor Anzeige der Banner ein bestimmtes Verhalten, Interesse oder Kaufabsicht im Cookie zugeordnet. Die Werbung kann dann im Nachgang auf beliebigen Webseiten ausgespielt werden. Beim Retargeting war der User auf einer bestimmten Webseite und wird erneut per Banner angesprochen und so versucht erneut zu erreichen. Das Keyword Targeting kann ebenfalls eine Unterform vom Behavioral Targeting sein. Hier liest eine Technologie Inhalte (Keywords) aus Webseite und ordnet ein entsprechendes Interesse (Behavior) dem User-Cookie zu. Passende Werbung wird später an diesen User, egal wo, ausgespielt. Oder ein User sucht z.B. auf Google nach einem bestimmten Keyword. Diese Information wird im Cookie gespeichert und die Werbung wird später, egal wo, geliefert. Als letzte Form des Audience Targeting kann man das Sozio-demografische Targeting aufzählen. Dieses Targeting bezeichnet die Auslieferung von Werbung an User, die zuvor anhand ihrer soziodemographischen Eigenschaften wie z.B. Alter und/oder Geschlecht ausgewählt wurden.

Contextual Targeting erreicht Zielgruppen über ein im jetzigen Moment passendes Umfeld. Technisch entweder Domain Based, also durch vorher definierte Domains, die in einer Whitelist zusammengefügt sind oder durch Keyword Based Targeting. Dabei liest eine Technologie den Inhalt einer Webseite (Keywords) aus und spielt in dem Moment auf dieser Webseite passende Werbung aus. [24]

Ausblick für das RTA

Mit Blick in Zukunft lässt sich prognostizieren, dass RTA einen immer wichtigeren Stellenwert in der Planung von Display Kampagnen einnimmt, jedoch immer ein Teil von verschiedenen Online Marketing Tools bleiben wird. Auf der Demand- und auf der Supply Side wird für die Ausführung von RTA Kampagnen ein ganzheitliches Verständnis sowohl für die Technologie, die Optimierung von Kampagnen, die Metriken als auch für die KPIs gefordert, damit der Markt von RTA wachsen kann. Ebenso wichtig ist die Beschaffung von qualitativ wertvollen und relevanten Daten zur Durchführung von RTA, welche in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien noch nicht in der Form vorhanden sind. Die Generierung der Daten hängt stark von den Handlungsdimensionen des Datenschutzes innerhalb von Europa ab. Sollten sich die Richtlinien des Datenschutzes in Deutschland verändern, so wird es das RTA und seine Zukunftsperspektive stark beeinflussen. Die Risikobereitschaft der Advertiser im RTA ist sehr gering. Das RTA benötigt jedoch diverse Testungen, um die richtigen Schlüsse aus den Kampagnen zu ziehen und als Learnings für spätere Kampagnen anzuwenden. Advertiser müssen herausfinden, welche Einstellungen und Targeting Optionen für ihre Kampagnenstrukturen am sinnvollsten sind. RTA hat sich mittlerweile schon auf andere Bereiche wie Mobile und Social Media (z.B. Facebook Exchange) ausgeweitet, aber auch auf andere Medien wie TV, Radio und Außenwerbung wird sich RTA in der Zukunft auswirken und auch weiter digitalisieren, was bedeuten würde, dass eine Buchung in Echtzeit auch hier möglich wäre. [25]

Quellen:
[2] Eigene Darstellung.
[24] Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW), 2012: Einsatzmöglichkeiten Zielgruppen-Basierter Online-Werbung, Stand 2012-09-13, Abruf 2014-06-13, S. 4ff.

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