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Produktsegmentierung im E-Commerce

Während die Kundensegmentierung sich vor allem im Marketing als bewährtes Instrument etabliert hat, finden sich bisher kaum Lösungen, Unternehmen aus dem Bereich des Online Handels bei der Wahl und Bewertung ihrer Produkte zu unterstützen. Ein Tool zur Produktsegmentierung soll Abhilfe schaffen. 

Da die Betrachtung von Kunden (-gruppen) und ihres Verhaltens aufgrund ihrer zunehmenden Hybridität [1] jedoch nicht mehr ausreicht, um verlässliche Rückschlüsse zu treffen und das Produktportfolio anzupassen, sollten auch die Produkte als wichtiger Erfolgsfaktor von E-Commerce-Unternehmens zukünftig näher betrachtet und engmaschiger überprüft werden. Da das Angebot an derartigen Leistungen aktuell jedoch sehr begrenzt ist, galt es im Rahmen dieses Masterprojekts in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Start-Up minubo (Anbieter einer Commerce Intelligence Cloud) ein Konzept für ein State of the Art Produktsegmentierungstool über mehrere Monate hinweg zu entwickeln.

Ziel war die Entwicklung eines Tools mit dem Produktverantwortliche von E-Commerce Unternehmen ihre Produkte   segmentieren können, um ihr Produktportfolio möglichst optimal zu gestalten und anzupassen.

Praxisrelevante Beispiele für Use Cases

Konkrete Beispiele für Use Cases sind:

Um den Bedürfnissen der Endnutzer Tribut zu zollen und ihnen eine Leistung anbieten zu können, die jene Anwendungsfälle (Use Cases) bezüglich Produktdaten beinhaltet, die im täglichen Geschäft anfallen und aktuell Fragen aufwerfen, wurden eine Vielzahl verschiedener Use Cases gesammelt. Ziel dabei war es, den relevantesten Use Case, welcher sich mit geringem Aufwand in der Realität umsetzen lässt, auszumachen, um ihn im Projektverlauf als einen Prototypen des Produktsegmentierungsinstruments umsetzen zu können, der sich auf verschiedene Geschäftsmodelle übertragen lässt (Standardisierbarkeit).   

Um die Bedürfnisse und Anforderungen potentieller Zielnutzer bestmöglich kennenzulernen und diesen begegnen zu können, wurden Interviews mit verschiedenen Unternehmen aus der E-Commerce-Branche geführt. Zur besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse wurde sich während der Gespräche an einem halbstrukturierten und problemzentrierten Leitfaden orientiert, der es ermöglichte, flexibel auf die Interviewsituation zu reagieren [2]. Zudem war es zur Einschätzung des Aufwands der späteren Implementierung wichtig zu wissen, welche Dateninfrastruktur in den Unternehmen bisher besteht bzw. welche Art der Datenquellen bislang genutzt werden.  

Anhand der Interviews wurde ersichtlich, welche Use Cases aktuell in den Unternehmen bestehen und wo diese Handlungsbedarf im Bereich der Produktsegmentierung sehen. Im Anschluss konnte eine Priorisierung und die Relevanz anhand der Häufigkeit der Nennung von Use Cases abgeleitet werden.

Da für die Auswahl des umzusetzenden Use Cases eine einheitliche Bewertung der Anwendungsfälle nötig war, wurde sich hierzu am Verfahren der Kosten-Nutzen-Analyse orientiert. Da diese Analyseform jedoch die (monetäre) Vorteilhaftigkeit von Objekten bzw. Handlungsalternativen bewertet [3], wurden die Variablen an die Anforderungen und an das Ziel des Projekts (geringer Aufwand, hoher Nutzen, Relevanz) angepasst. Zunächst wurden die gesammelten Use Cases nach ihrem Nutzen und ihrer Relevanz (Häufigkeit der Nennung identischer Use Cases durch verschiedene Unternehmen) bewertet. Der Nutzen ergibt sich aus der Priorisierung der Use Cases durch die Unternehmen, welche im Rahmen der Interviews ihre persönlichen “Top 3 Use Cases” bestimmt haben (3 = höchste Priorität, 1 = vergleichsweise niedrigste Priorität).

Produktsegmentierung: Welcher Aufwand steckt dahinter?

Um den Projektanforderungen (geringer Aufwand und Standardisierbarkeit) weiter Folge zu leisten, musste zudem der mit den Use Cases verbundene Aufwand bewertet werden. Dies geschah anhand folgender Kriterien:

Die Bewertung des Aufwands konnte nur aus einer objektiven Perspektive vorgenommen werden, da keinerlei firmeninterne Daten bzw. Kosten für zusätzliche Datenquellen bekannt waren. Um eine ganzheitliche Bewertung zu ermöglichen, wurden die o.g. Kriterien Nutzen, Häufigkeit der Nennung und Aufwand in einer Synthese zusammengeführt. Zur besseren Anschaulichkeit wurden die Ergebnisdaten in ein Blasendiagramm übertragen:

Blasendiagramm zur Evaluierung der Use Cases

Dabei stellt die X-Achse den Aufwand (0-8), die Y-Achse den Nutzen (1-3) und der Umfang der Blasen die Häufigkeit der Nennung (1-7) der Use Cases dar.

In der Interpretation der Syntheseergebnisse wurde deutlich, dass eine häufige Nennung einzelner Use Cases mit einem großen Nutzen einherzugehen scheint. Obgleich in diesen Fällen Nutzen und Relevanz positiv zu bewerten waren, konnte das gute Ergebnis durch einen sehr hohen Aufwand geschmälert werden, wie das Beispiel des Use Cases “Forecasting” im Blasendiagramm deutlich zeigt. Aus diesem Grund wurden für die Auswahl des umzusetzenden Use Cases weiter nur jene Anwendungsfälle näher untersucht, deren Aufwand verhältnismäßig niedrig war. So sollte garantiert werden, dass für die späteren Nutzer ein Anreiz gegeben ist, das Produktsegmentierungstool zu nutzen, welches nicht mit einem hohen Implementierungs- bzw. Bedienungsaufwand verbunden ist. Ebenso wurden die Anwendungsfälle dahingehend beleuchtet, ob sie als potentieller Prototyp vor allem Daten (-quellen) benötigen, die in vielen Unternehmen bereits vorliegen, wie bspw. Umsatz- oder Retourendaten, und einen hohen Mehrwert für verschiedene E-Commerce-Geschäftsmodelle mit sich bringen, sich also gut übertragen und somit standardisieren lassen.

Auswahl eines Use Cases zur Produktsegmentierung

Nach einer umfassenden Prüfung wurde der Use Case zur “Automatisierten Umsatz- und Retourenanalyse” dazu ausgewählt, als Prototyp für das State of the Art Produktsegmentierungstool umgesetzt zu werden. Dieser soll es Nutzern ermöglichen, ohne durch vorgefertigte Abfragen jene Daten von Produkten ausgegeben zu bekommen, bei denen kurzfristig beispielsweise auffällige Umsatzeinbrüche oder hohe Retourenquoten zu verzeichnen sind. Dies erleichtert das Monitoring für E-Commerce-Unternehmen immens und versetzt diese in die Lage, derartige Veränderungen nicht nur ohne Aufwand bemerken zu können, sondern auch schnell auf sie reagieren zu können und somit beispielsweise Artikel auszumachen, die im Webshop offline gegangen sind, Fehler auf Landing Pages haben oder Qualitäts- bzw. Verarbeitungsmängel bestehen. Zudem lassen sich durch die Betrachtung der Umsatzentwicklung über mehrere Monate (beispielsweise eine Saison) Rückschlüsse auf Trend-Rückgänge ziehen.

Zu guter Letzt gilt es, ein Modell aufzustellen, das diesen Use Case umsetzbar macht und von den Nutzern durch wenige Klicks die gewünschten Produktdaten ausgibt. In erster Linie soll ein Prototyp abseits der minubo-Umgebung erstellt werden, der sich zunächst nur mit der Verarbeitung der angeschlossenen Daten im Backend mittels eingepflegter Formeln für verschiedene Abfragen oder Reports beschäftigt.

Der erfolgreiche Bau eines Prototypen bildet die Grundlage für ein Produktsegmentierungstool, mit dem E-Commerce-Unternehmen zukünftig besser auf Veränderungen am Markt reagieren und den Erfolgsfaktor “Produkt” proaktiv steuern und optimieren können.


[1] Kollmann, Tobias, 2016: E-Business. Grundlagen elektronischer Geschäftsprozesse in der digitalen Wirtschaft, 6., überarbeitete Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler, 2016. [2] Döring, Nicola / Bortz, Jürgen, 2016: Forschungsmethoden und Evaluation in den Sozial- und Humanwissenschaften, 5., vollständig überarbeitete, aktualisierte und erweiterte Aufl., Berlin/Heidelberg: Springer, 2016. [3] Wöhe, Günter / Döring, Ulrich, 2013: Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 25., überarbeitete und aktualisierte Aufl., München: Vahlen, 2013.
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