Social Media und Influencer Marketing bestimmen immer mehr unseren Alltag und werden zu Werbeplattformen. 41% der Jugendlichen im Alter von 14 -17 Jahren vertrauen Influencern bei Produktempfehlungen und informieren sich vor dem Kauf auf den sozialen Netzwerken über die Produkte. Da kann man sich durchaus die Frage stellen, welchen Einfluss hat Influencer Marketing auf die Kinder heutzutage? Und wie nehmen sie Werbungen, Produktplatzierungen und gesponserte Inhalte wahr? Spielt dies eine Rolle bei ihrer Entscheidung und gegenüber der Glaubwürdigkeit der Influencer?
Die Studie „Effects of Disclosing Influencer Marketing in Videos: An Eye Tracking Study among Children in Early Adolescence“ beschäftigt sich mit der Fragestellung, welchen Einfluss Werbehinweistexte im Video Influencer Marketing auf Kinder haben und wann diese am besten eingeblendet werden sollten, damit Kinder diese am ehesten wahrnehmen. In dieser Studie wird untersucht, ob und wie Kinder Hinweistexte wahrnehmen, dass der Video Inhalt gesponsert ist. Die Studie untersucht ebenfalls den Zeitpunkt, wann der Anzeigetext von den Kindern am besten wahrgenommen und verstanden wird. Das Paper über diese Eye Tracking Studie, aus dem Jahre 2020, haben sechs Professoren aus der Niederlande verfasst.
Motivation und Ziel der Studie
Heutzutage sind immer mehr Kinder und Jugendliche mit Online Werbung konfrontiert. Influencer, wie YouTuber und Blogger haben viele junge Zuschauer, die sie mit Werbung und auch Empfehlungen konfrontieren. Die Grenzen zwischen kommerziellen und nicht kommerziellen Inhalten verschwimmen. Für Kinder und Jugendliche ist es häufig schwierig, Werbungen als solche zu identifizieren. Die exekutiven Funktionen, wie zum Beispiel das Arbeitsgedächtnis, sind im frühen Jugendalter noch im Entstehen. Dadurch haben besonders Kinder größere Schwierigkeiten, emotional aufmerksamkeitsstarke Inhalte mit der notwendigen Distanz zu betrachten. Selbst für Erwachsene ist es nicht immer leicht, die Grenzen zu erkennen.
Durch unzureichende Aufklärung, dass ein Inhalt gesponsert ist, entsteht ein Risiko manipuliert zu werden. Hier durch kann keine objektive Kaufentscheidung getroffen werden. Um diese Täuschung zu vermeiden, gibt es Richtlinien, wie Unternehmen mit Werbung in den sozialen Netzwerken umgehen sollen. Sowie Zuschauer darauf hingewiesen werden können. Die Studie soll dabei helfen, diese Richtlinien zu konkretisieren und zu entwickeln, wie Offenlegungen platziert werden, damit sie für Kinder und Jugendliche klar erkennbar sind.
Aufbau der Studie
Zielgruppe der Studie sind Kinder im Alter von 10- 13 Jahren. Es haben 272 Kinder teilgenommen, die in die 7. oder 8. Klasse gegangen sind. Die Eye Tracking Studie wurden an drei Grundschulen in der Niederlande durchgeführt. Jedes Kind hat einzeln, in einem stillen Raum in der Schule, die Studie durchgeführt. Die Forschungsmethoden waren zum Einen das Eye Tracking. Zum Anderen ein Fragebogen, den die Kinder nach dem Anschauen der Videos, ausgefüllt haben. Bei der Methode Eye Tracking war die Kamera in dem PC-Bildschirm integriert, so haben die Kinder nicht bemerkt, dass sie beobachtet wurden. Es wurde damit die visuelle Aufmerksamkeit und AOI (Area of Interest) gemessen. Der Fragebogen bestand aus mehreren Fragen, die zum Beispiel die Einstellung gegenüber dem Video und dem Influencer abfragten, aber auch über das Verständnis, ob es sich um gesponserte Inhalte handelt.
Den Kindern wurden zwei YouTube Videos gezeigt, bei denen der Zeitpunkt des Anzeigentexts, dass es sich um Werbung handelt, variierte:
- “Anzeige vor dem Video”
- “Anzeige mit dem Start des Videos”
- “Keine Anzeige in dem Video”
89 Kinder haben den Anzeigetext vor dem Start gesehen. 89 Kinder haben den Anzeigetext gesehen mit dem Start des Videos und 94 Kinder haben keinen Anzeigentext gesehen.
Varianten der Videos
In der ersten Variante wurde die Anzeige vor dem Video geschaltet. Der Anzeigetext „X Name des Influencers wird bezahlt von Marke Y um ihre Produkte in diesem Video zu bewerben“ wurde auf schwarzem Hintergrund mit weißer Schrift 10 Sekunden eingeblendet, bis das Video startete.
Bei der zweiten Variante wurde der gleiche Anzeigetext mit dem Start des Videos eingeblendet. Das bedeutet, das Video lief schon und der Anzeigentext wurde 10 Sekunden lang oben in dem Video eingeblendet.
Bei der dritten Bedingung war kein Anzeigentext zu sehen.
Die Videos wurden von zwei bekannten männlichen YouTubern in Kooperation mit den jeweiligen Unternehmen kreiert.
In dem ersten YouTube Video war ein männlicher Influencer zu sehen, der sich in einem Themenpark befindet und sich einer Herausforderung für Fanta stellt. Er musste während einer Achterbahnfahrt ein neues Logo für Fanta entwerfen.
In dem zweiten Video waren drei Influencer zu sehen, die eine Challenge machten, das größte Fischstäbchen der Welt zu kreieren. Sie kauften sich dafür ganz viele Fischstäbchen von Iglo im Supermarkt. Woraufhin sie versuchten mit diesem das größte Fischstäbchen der Welt zu bauen.
Ergebnisse der Studie
Es wurden 5 Hypothesen in der Studie aufgestellt.
Die erste Hypothese bezieht sich auf den Zeitpunkt der Werbe-Offenlegung und das damit einhergehende Verständnis der Kinder, dass es sich um gesponserte Inhalte handelt. Sie besagt, dass von allen drei Zeitpunkten, die Werbe-Offenlegung vor dem Video zum höchsten Verständnis führt, dass es sich um Werbung handelt. Laut dieser Hypothese wird am zweitbesten der Zeitpunkt “mit dem Start des Videos” und als drittbestes die Variante “keine Werbekennzeichnung” abschneiden.
Ergebnis: Die Ergebnisse haben die 1. Hypothese widerlegt. Es wurden keine direkte Auswirkungen des Veröffentlichungszeitpunktes auf das Verständnis des Kindes gefunden.
Die zweite Hypothese bezieht sich erneut auf den Zeitpunkt der Offenlegung und wie dieser sich auf die visuelle Aufmerksamkeit und die damit zusammenhängende Erkennung, dass es sich um gesponserte Inhalt handelt, auswirkt.
Ergebnis: Es hat sich herausgestellt, dass der Zeitpunkt der Werbe-Offenlegung einen Einfluss darauf hat, ob diese wahrgenommen und erkannt werden. Die Werbe-Offenlegung vor dem Start zeigt die höchste visuelle Aufmerksamkeit. H2 wird angenommen.
Die dritte Hypothese besagt, dass, wenn Kinder realisieren, dass es sich um gesponserte Inhalte handelt, verändert dieses ihre Einstellung negativ gegenüber der Marke, dem Video und dem Influencer sowie ihre Verhaltensintention.
Ergebnis: H3 wird abgelehnt. Die gesponserte Inhalte haben keinen direkten Einfluss auf die Einstellung des Kindes.
Die vierte Hypothese besagt, dass die Entwicklung einer kritischen Haltung gegenüber Marke, Video und Influencer der Nachweis ist, dass das Kind verstanden hat, dass der Inhalt gesponsert wurden ist.
Ergebnis: Es wurde festgestellt, dass die Kinder eine kritische Haltung gegenüber dem gesponserten Inhalt entwickeln, wenn sie diesen als gesponsert erkennen. Dies führt indirekt zu einer negativen Reaktion ggü. Marke (Verhaltensintention), dem Video und dem Influencer. H4 wird angenommen.
Die fünfte Hypothese drückt aus, dass das Wahrnehmen der Werbeanzeige und das Verständnis, dass es sich um gesponserten Inhalt handelt, zu einer kritischen bzw. negativen Einstellung gegenüber Marke (Verhaltensintention), dem Video und dem Influencer führt.
Ergebnis: H5 wird angenommen. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung hat indirekt eine Auswirkung auf die Einstellung ggü. der Marke, der Verhaltensabsicht, dem Video und dem Influencer.
Fazit
Zum Ende sollte angemerkt werden, dass die Studie in einem sehr ruhigem und formellen Umfeld durchgeführt worden ist, anders als wenn Kinder die Videos z.B. zu Hause oder mit Freunden angesehen hätten. Des Weiteren wurde sich auf eine sehr kleine Altersgruppe beschränkt, was die Übertragung auf andere Altersgruppen verhindert. Im weiteren Verlauf könnte diese Arbeit als Ausgangsmaterial genommen werden, um weitere Forschungen zu betreiben, um die Ergebnisse z.B. zu verallgemeinern. Außerdem könnte untersucht werden, wie die Offenlegung der Werbung formuliert werden könnte, oder wie lange diese gezeigt werden sollte. Zudem wäre es interessant, welche Ergebnisse bei anderen Altersgruppen erzielt werden würden.
Hauptziel der Studie war es, Werbe-Offenlegungen zu untersuchen, um einen Anstoß zu geben, um Richtlinien zu entwickeln, die es Kindern möglichst einfach macht Werbungen zu erkennen. Hierbei stellt sich die Frage, wie Unternehmen mit diesen Ergebnissen umgehen sollten. Da Transparenz sehr wichtig ist, besonders gegenüber der jungen Generation, gilt es einen Weg zu finden, der mit den Unternehmenszielen vereinbar ist.
Quelle des Beitragsbild: https://unsplash.com/photos/U2uMgZAZAnw