Website-Icon WebSpotting

Rezensenten Manipulation

Rezensenten Manipulation

Quelle: Lauren Mancke / www.unsplash.com

„Amazon geht gegen gekaufte Bewertungen vor“. So berichtet unter anderen das Hamburger Abendblatt Oktober 2015 [1].

Schon das zweite Mal, dass der Online Gigant Amazon gegen die eigenen Produktbewertungen vorgegangen ist. So verklagte er April 2015 die Betreiber vier Bewertungsportale.

Erst zwei, dann drei der Angeklagten gingen kurze Zeit später offline [2, 5]. Einer der Verantwortlichen rechtfertigte sich „Wir verkaufen keine falschen Rezensionen. Hingegen stellen wir vorurteilsfreie und ehrliche Rezensionen zu allen Produkten zur Verfügung, und das ist überhaupt nicht illegal.“, sehr zum Widerspruch einiger Dienstleistungsbeschreibungen.

Im Oktober letzten Jahres folgte dann die zweite Klage gegen illegale Rezensionen: Dieses Mal gegen 1114 anonyme Nutzer der Dienstleistungswebsite Fiverr.com. Hinzu kommt die Klage der unerlaubten Verwendung des Amazon Namen und Logos [5].

Die Anzahl der Fake- Rezensionen sei zwar nicht besonders groß, doch das Vertrauen und das Image der Marke leide unter dem Betrug, heißt es in der Klageschrift Amazons. [3]

Dennoch: Reicht dieser Grund aus, um Anklage zu erheben, inklusive all der Kosten und des Zeitaufwands? Wieso hält sich ein Unternehmen dieser Größe mit solchen Kleinigkeiten auf? Die Antwort ist ganz einfach: Kundenrezensionen sind für den Onlinehandel ein ausschlaggebender Faktor geworden.

 

Beispiel eines Angebots zur illegalen Produktbewertung
Quelle: check24.de/Nachrichten

 

Einflussgröße Kundenrezension

Rezensionen sind Erfahrungsberichte, Kundenbewertungen für ein Produkt oder ggf. auch für den Hersteller. Man findet sie in Bewertungsportalen oder auf der Website des Vertreibenden selber. Dabei können ganze Texte als Rückmeldung entstehen oder mithilfe eines Sterne- Ranking.

Das Entscheidende ist der Einfluss, der Rezension auf die Kaufentscheidung. Laut einer Studie sieht das folgendermaßen aus:

 

 

Inhaltliche Quelle: t3n.de/news/e-commerce

 

Das Seo- Ranking, der ROI, die Retourzahlen: Das Alles hängt maßgeblich damit zusammen, was der Kunde von dem Produkt erwartet.

Hinzu kommt, dass im Kauf- Entscheidungsprozess das mit Einbeziehen von Rezensionen durchschnittlich an zweiter Stelle kommt und sie die Bereitschaft, mehr zu investieren, fördern.

 

Dies unterstreicht die Relevanz und das Einflusspotenzial von Kundenrezensionen heutzutage und erklärt, warum Amazon den Schritt der Klage gegangen ist: Mögliche Konsequenzen der Fake Kommentare sind unberechenbar, können den Gewinn maßgeblich beeinflussen und langfristigen Schäden mit sich ziehen.

Amazon hat Angst vor dem Vertrauensverlust und fehlender Glaubwürdigkeit. Das Image bzw. der Ruf der Marke wird von „falschen, irreführenden und unechten“ Bewertungen geleitet, bezahlt von den Unteranbietern, um die Attraktivität ihrer Produkte zu steigern [3]. Die Klage soll dem nun entgegenwirken.

Ihre Forderung enthält die Beendigung der Aktivitäten der falschen Rezensenten, sowie Schadensersatz für die bisherige Manipulation.

Anstatt die Website Fiverr zu verklagen, will Amazon diesmal das Übel an der Wurzel packen und verklagt die Rezensenten selbst. Ein „ungesundes Ökosystem für unechte Rezension“ [5] habe sich entwickelt und dem soll nun Einhalt geboten werden [4].

 

Doch wie funktioniert diese Art von Betrug?

Das hohe Einflusspotenzial auf das Kaufverhalten der Kunden stellt gleichzeitig auch ein hohes Manipulationspotenzial dar. Dies ist kein unbekanntes Nebengeschäft. Heutzutage ist die Fälschung von Bewertungen „teilweise hoch professionalisiert“ [6] und werden „systematisch“ [6] umgesetzt.

Dementsprechend ist das Herausfiltern illegaler Rezensionen teils höchst kompliziert oder unmöglich.

Wie genau Amazon zwischen legitimen und illegitimen Rezensionen unterscheiden ist selbstverständlich nicht bekannt.

Für die Unterscheidung dürfen rechtlich jedoch nur selbst erfasste Daten genutzt werden. Bei Rezensionen mit verifiziertem Kauf sind diese sehr umfassend. E- Mail-, IP-, sowie Wohnadresse, Kontodaten, Nutzerbrowser und Nutzerverhalten.

Diese Daten fließen allesamt in die zwei Amazon Algorithmen ein: [7]

 

Die Amazon Algorithmen

  1.  Auffälliges Verhalten des Rezensenten (z.B. Rezensionen zu 10 verschiedenen Tablets innerhalb 2 Wochen )
  2. Beziehungen zwischen Anbieter und Rezensent (z.B. Buchautor und Buchrezensent teilen sich die Kontodaten, bewerten sich gegenseitig, oder einer spricht eine ganz andere Sprache/ stammt aus einem anderen Land. Erfasst der Algorithmus eine gewisse Anzahl dieser Merkmale, wird die Rezension nicht veröffentlicht oder gar gelöscht.

Hinzu kommt das Miteinbeziehen der „Crowd competence“ [9]. Insbesondere auf Bewertungsplattformen können Bewertungen gemeldet werden und anschließend vom Support- Team überprüft werden.

Fehlentscheidungen sind hier natürlich nicht auszuschließen. Aber wie kommt es, dass dennoch 20 – 30% [9] der Internetrezensionen gefälscht sein sollen?


Sicherheitsmechanismen umgehen

Abgesehen von qualitätsgeringen Fälschungen, schafft es die immer schneller fortschreitende Technologie Sicherheitsmechanismen zu umgehen.

Berührungspunkte sind:

  1. Die Erkennungsmechanismen ausheben
    Neuerstellung von E- Mail Adressen, Veränderung der IP- Adresse, Pflege des Fälschungs-Account
  2. Die Bewertungsautorität
    Beispiel Amazon: Bewertungen werden mit einer Schaltfläche für „Verifizierter Kauf“ gekennzeichnet. Dies umgeht der Fälscher, indem er Produkte bestellt und innerhalb der Rückgabefrist zurück sendet, oder der Hersteller selber den Fake- Kauf inszeniert: Ein leerer Umschlag wird an den Rezensenten geschickt. Amazon erhält schlicht eine Versandnummer, die über eine erfolgreiche Transaktion informiert, ungeachtet, was versendet wurde, sodass der Betrug unerkannt bleibt [8].
  3. Automatische Bewertungserstellung
    Automatisierte Account-, Bewertungs- oder Bewertungstexterstellung (letzteres mit Textbausteinen, z.T. mit professionellen Autoren)
Beispiel für einen vertifiziertern Kauf
Quelle: Amazon

 

 

Rechtliche Grundlage

Kundentäuschung ist ethisch anzuzweifeln und meistens rechtlich strafbar. Ob nun das Aufwerten eigener Produkte oder das Abwerten anderer: Dies ist Wettbewerbsmanipulation und Schleichwerbung!

Laut dem deutschen Gesetzt muss für den Verbraucher klar sein, ob die Bewertung freiwillig entstanden ist oder beeinflusst oder manipuliert wurde.

Doch ob strafbar oder nicht: Falsche Bewertungen schaden dem gesamten System. Das vermittelte Produktbild entspricht nicht der Wahrheit und führt so nur zu höheren Retourzahlen und verärgerten Kunden und fliegt der Fake erst einmal auf, leiden Geschäftsbeziehungen, die Vertrauenswürdigkeit und Image des Anbieters schwindet.

 

Trotzdem, sie existieren und wir müssen lernen mit ihnen umzugehen. Bereits durch das Wissen, das Bewertungen nicht immer vertrauenswürdig sind, wird die eigene Beurteilung geschärft. Zusätzlich hilft es, sich an einigen Kennpunkten zu orientieren:

 

Fazit und Alternativen

Alles in allem kann man Amazon also nur in seinem Anliegen unterstützen, das Problem in seinem Ursprung zu bekämpfen.

Statt sich Feedback aufgrund mangelnder „richtiger“ Rezensionen zu kaufen, sollte der Anbieter bzw. Hersteller auf den Kunden zugehen. Aktives Empfehlungsmarketing kann durchaus erfolgreich sein und vor Eigenbetrug und schützen.

E- Mail Aufforderung Amazons zur Produktbewertung

 

Im Fall Amazon ist bisher noch kein Urteil gefallen. Thema der Verhandlung ist derzeitig, ob das Anbieten von Fake- Rezensionen gerichtlich unterbunden werden soll.

Die Jagd nach den Wurzeln der Rezensenten Manipulation geht auf jeden Fall weiter und wird wohl auch nicht so schnell vorbei sein. Denn so wie der Online- Handel sich entwickeln wird, werden sich auch die illegalen Aktivitäten mit entwickeln.

__________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________

Quellen

  1. Hamburger Tageblatt, 21. Oktober 2015
  2. Spiegel.de – http://www.spiegel.de/netzwelt/web/amazon-verkaeufer-von-positiv-bewertungen-angeklagt-a-1027691.html
  3. bbc.com – http://www.bbc.com/news/technology-34565631
  4. heise.de – http://www.heise.de/newsticker/meldung/Fake-Bewertungen-Amazon-verklagt-ueber-eintausend-Fiverr-Nutzer- 2849994.html
  5. zdent.de – http://www.zdnet.de/88231181/amazon-verklagt-erstmals-kommerzielle-anbieter-von-rezensionen/ZDNet / Marketing
  6. onlinemarketing.de/news – http://onlinemarketing.de/news/gefaelschte-kundenbewertungen-betrug-im-grossen- stil
  7. selfpublisherbibel.de – http://www.selfpublisherbibel.de/autoren-tipp-wie-amazon-echte-besprechungen-und-fake-rezensionen- unterscheidet/
  8. n24.de/n24/Nachrichten – http://www.n24.de/n24/Nachrichten/Wirtschaft/d/7479172/der-verzweifelte-kampf-gegen-fake-rezensionen.html
  9. provenexpert.com – https://www.provenexpert.com/de/blog/gefaelschte-bewertungen-warum-eigenlob-sich-nicht-rentiert/
  10. t3n.de/news – http://t3n.de/news/e-commerce-kundenmeinungen-457901/
  11. amazon.de – http://www.amazon.de/F205TA-FD0063TS-Notebook-Intel-Z3735F Graphic/dp/B014CYPJPU/ref=sr_1_2?s=computers&ie=UTF8&qid=1451254000&sr=1-2&keywords=laptop
Die mobile Version verlassen