Einleitung
Der E-Commerce erfährt seit Jahren eine rasante Entwicklung, welche nicht zuletzt auch durch die Corona Pandemie nochmal verstärkt wurde. Die damit einhergehende Digitalisierung ändert vor allem das Konsumverhalten der Kund*innen. Waren, die früher in stationären Geschäften gekauft wurden, sind heutzutage online verfügbar und oft nur einen Klick entfernt. Teil dieser Entwicklung und eines jeden Geschäftsmodells sind Retouren, welche in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung und Aufmerksamkeit gewonnen haben. Um die Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen, sind Unternehmen dazu übergegangen, mit langen Rücknahmezeiten, kundenfreundlichen Zahlungsmethoden und kostenlosen Versandkosten, sich von der Konkurrenz abzugrenzen. Hierdurch wird es den Kundinnen sehr einfach gemacht ihre Bestellung bei Bedarf zu retournieren, was sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Auswirkungen zu Folge hat.
Resultierend aus dieser Entwicklung ergibt sich für Unternehmen die verstärkte
Notwendigkeit, eine Retourenstrategie, durch eine aktive Auseinandersetzung mit
den Retourengründen und dem Retournierverhalten der Kund*innen, zu entwickeln.
Hierbei wird zwischen verschiedenen präventiven und reaktiven Maßnahmen differenziert, welche dazu beitragen können die Retourenquote nachhaltig zu senken.
Retourengründe und Kosten
Um den Retourenprozess optimal zu gestalten, ist es unerlässlich zu verstehen,
weshalb Rücksendungen auftreten und welche enormen Kosten dabei entstehen
können. Für Unternehmen bedeutet das, Transparenz über die Retourengründe
und das Retourenverhalten der Kundinnen zu gewinnen, um mit entsprechenden Maßnahmen entgegenwirken zu können. Darstellung 1: Umfrage zu Gründen für Retouren in Deutschland 2019 Auffällig ist, dass von den knapp 700 befragten Kundinnen fast 60 % die bestellten Artikel aufgrund der falschen Größe retournieren, gefolgt von dem Grund der fehlenden Funktionalität der Ware.
Neben den Retourengründen haben auch die Kosten eine hohe Relevanz im Retourenmanagement. Dennoch sind nahezu 40 % der Einzelhändlerinnen nicht im Bilde über die finanziellen Aufwendungen im Zusammenhang mit ihren Retouren. Dies kann Händlerinnen teuer zu stehen kommen, da sich die Kosten für
jeden retournierten Artikel im Durchschnitt über alle Branchen auf 20,- € belaufen.
Präventives Retourenmanagement
Um die Kosten und die Retourenquote zu minimieren, arbeiten die E-Commerce Händlerinnen zum einen an Strategien zur Vermeidung von Retouren (präventives Retourenmanagement) und zum anderen an der Optimierung der Retourenbearbeitung (reaktives Retourenmanagement). Das präventive Retourenmanagement ist in die beiden Komponenten Retourenvermeidung und Retourenverhinderung untergliedert, wobei die Retourenvermeidung schon im Informations- und Auswahlprozess ansetzt und die Käuferinnen zu einer bewussten Auswahl ihrer Artikel führt. Die Retourenverhinderung versucht, nachdem die Kundinnen ihre Bestellungen erhalten haben, diesen von einer möglichen Retoure abzuhalten.
Eine Maßnahme um die Retourenquote zu senken, sind leicht verständliche und detaillierte Produktbeschreibung. Händlerinnen gehen davon aus, dass dieser Ansatz den größten Einfluss auf die Retourenvermeidung hat. Dies hat den Hintergrund, dass vor allem die Produktpräsentation für die Bildung einer Erwartungshaltung gegenüber der gelieferten Ware verantwortlich ist. Hierbei spielt auch vor allem die grafische Darstellung der Waren durch hoch qualitative Fotos eine entscheidende Rolle, da diese es den Kundinnen ermöglichen bereits vor dem Kauf eine realistische Beurteilung zu treffen, ob das Produkt den eigenen Anforderungen und Wünschen gerecht wird. Weitere präventive Maßnahmen sind das Einbinden von Kundinnenrezensionen, optimierte Lieferung und Verpackung, Auswahl der Zahlungsmethoden, finanzielle Anreize, Erhöhung des Retourenaufwands und der Einsatz von Big Data.
Reaktives Retourenmanagement
Das reaktive Retourenmanagement, welches in der Literatur oft auch als kuratives
Retourenmanagement wiederzufinden ist, setzt an, wenn das präventive Retourenmanagement nicht zum Verzicht der Retoure geführt hat. Es umfasst die effektive und effiziente Bearbeitung von Rücksendungen, die durch die Besteller*innen bereits angeordnet wurden und nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Diese Bearbeitung umfasst unter anderem die Inbesitznahme der zurückgeschickten Artikel sowie die Wiedereinlagerung dieser. Außerdem umfasst das reaktive Retourenmanagement Schritte zur bestmöglichen Wiederaufbereitung der Rücksendungen und Rückführung in den Bestand. Ziele des reaktiven Retourenmanagements sind die Verbesserung der Durchlaufzeiten von der Ankunft des Paketes bis hin zur Wiederverwertung, sowie die bedarfsgerechte Zuordnung von Ressourcen wie Personal. Außerdem ist das Ziel, die Wiederverwertungsquote so hoch wie möglich zu halten.
Möglichkeiten den Retourenprozess zu optimieren, ergeben sich aus der Nutzung von innovativen Technologien. Hierbei ist eine Option die Einführung von Radio Frequency Identification-Chips (RFID). Durch die Chips kann die Identifizierung und die Verfolgbarkeit der Pakete automatisch erfolgen und somit beschleunigt werden. Ebenso werden der Kosten- und Zeitaufwand sowie die Fehlerquote beim Handling mit Retouren gesenkt. Etiketten und Barcodes werden durch die Einführung von RFID abgelöst. Eine besondere Eigenschaft von RFID in Kombination mit Sensortechnologien besteht z. B. darin, dass jeder Artikel seinen Status während der Nutzungsdauer selbst dokumentieren kann. Solche Informationen sind für den Retourenprozess von großer Bedeutung, da sie an der Retourenannahme Stelle dabei helfen können, automatisch zu entscheiden, was die sinnvollste Vorgehensweise für den retournierten Artikel ist. Auch andere innovative Technologien können eingesetzt werden, um den Retourenprozess zu optimieren. Mitarbeiterinnen haben durch eine Sprachsteuerung
die Möglichkeit Informationen über die Retoure per Stimme erfassen zu lassen.
Dies führt zu einer schnelleren Bearbeitungszeit und zu einer verkürzten Retourenbearbeitungszeit. Weiter prüfen immer mehr Online-Händler*innen den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Ein Einsatzgebiet hierbei wären Chatbots, um den
Kunden noch mehr in den Kaufprozess einzubinden. Dennoch ist die künstliche
Intelligenz generell, aber vor allem in Bezug auf das Retourenmanagement, ein
Bereich, in dem in den nächsten Jahren noch intensiv geforscht wird, sodass es
sich lohnt diese Entwicklung weiterhin zu verfolgen.
(Bildquelle: https://unsplash.com/de/fotos/braune-kartons-auf-schwarzer-plastikkiste-q8kR_ie6WnI)