Anlässlich meiner Masterarbeit, die ich aktuell an der FH Wedel in Zusammenarbeit mit der Otto Group zum Thema „Customer Journey“ schreibe, besuchte ich am 12. und 13. September die diesjährige DMEXCO in Köln. Mein Ziel war es, vor allem mit ausgewählten Ausstellern ins Gespräch zu kommen, um mir deren Lösungen zur Customer Journey Analyse erklären zu lassen. Für mich war es der erste Besuch einer Messe dieser Art. In diesem Beitrag möchte ich kurz meine Eindrücke schildern – zunächst von der Messe generell und anschließend aus fachlicher Perspektive.
Eine große Onlinemarketing-Show
Am 12. September setzte ich mich frühmorgens in den Zug nach Köln. Im Gepäck hatte ich Unterlagen zu den verschiedenen Produkten der Dienstleister, die ich auf den entsprechenden Websites fand. Ich wollte schließlich einen fachkundigen Eindruck machen und in der Lage sein, die Lösungen adäquat beurteilen zu können. Im Messeprogramm fand sich eine Vielzahl von Workshops, Vorträgen, Seminaren und Debatten über alle möglichen Themen des digitalen Marketings. Da die „Customer Journey“, also die Reise des Kunden vom Erstkontakt mit einem Produkt oder eine Marke bis zum Kauf, eines der aktuell wichtigsten Themen der Branche ist, tauchte der Begriff auch entsprechend häufig im Programm auf. Ich notierte mir einfach alle Veranstaltungen, die im Titel irgendwie das Wort „Customer Journey“ enthielten. So reiste ich mit einem strammen Zeitplan zur DMEXCO mit dem naiven Glauben, dass 15 Minuten Pause zwischen den ganzen Terminen schon ausreichen würden.
Auf der Messe angekommen erschlugen die Eindrücke. Menschenmassen die in alle Richtungen strömten. Das Aufkommen erinnerte mich schon ein bisschen an erfolgreichere Zeiten der CeBIT um die Jahrtausendwende. Laut offizieller Pressemeldung kamen 22.000 Besucher. 587 Aussteller präsentierten sich auf 50.000 qm Ausstellungsfläche. Unter den Ausstellern war so ziemlich jeder vertreten, der in der Branche Rang und Namen hat. Darunter auch erstaunlich viele internationale Gäste. Man sprach Englisch, auch in den Seminaren. Neben „Customer Journey“ zählten vor allem „Real-Time-Bidding“ und „Mobile Advertisement“ zu den heißen Themen der diesjährigen Messe.
Die Messebauer der DMEXCO hatten ganze Arbeit geleistet. Ein imposanter Stand reihte sich an den nächsten. Jeder tat sein bestes, um die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich zu ziehen. Dabei wurden teils skurrile Methoden verwendet, die in keinerlei Zusammenhang mit der erwarteten Kompetenz des Ausstellern bzw. dem Thema „digitales Marketing“ standen. Ob Live-Cooking mit Köchen, Interview mit Fußball-Manger Ulli Höneß oder Schminken mit dem aus Germanys Top Model bekannten Visagisten Boris Entrup. Hauptsache die Besucher sind beindruckt und kommen zum Stand.
Ich irrte zunächst etwas orientierungslos auf der Messe umher, um die Seminarräume zu finden. Ehe ich mich versah hatte ich auch schon zwei große gebrandete Plastiktüten mit Werbebroschüren und Give-aways in der Hand, von denen ich mich hinter der nächsten Ecke wieder trennte – natürlich nicht ohne vorher das enthaltene Give-away, sofern brauchbar, in die eigene Tasche zu stecken.
Auf der Spur der Customer Journey
Die Workshops und Seminare verliefen allesamt positiv und trugen dazu bei, meinen Horizont hinsichtlich des jeweiligen Themas zu erweitern. Interessant wurde es schließlich bei den Terminen mir den Ausstellern. Ich hatte trotz Vorbereitung zunächst Sorge, ich würde nur Bahnhof verstehen, da ich im Gegensatz zu meinen Gesprächspartnern keine jahrelange Erfahrung im Onlinemarketing vorweisen kann und mich erst seit kurzer Zeit mit dem Thema Customer Journey beschäftigte. Die Gespräche liefen größtenteils nach dem gleichen Schema ab. Man führte mich zunächst in eine ruhigere Sitzecke des Standes und bot mir etwas zu trinken an. Mein Gegenüber, fast immer ein Vertriebler, machte dann sein Laptop an und ratterte eine Powerpoint-Präsentation runter, in er der kurz das Unternehmen vorstellte, mir erklärte was die Customer Journey ist und warum das „Last-Cookie-Wins-Modell kein geeignetes Attributionsmodell sei. Meine anfänglichen Sorge über zu wenig Hintergrundwissen wich somit schnell der Enttäuschung und dämpfte meine Erwartungen. Sobald ich tiefer gehende Fragen an den technischen Prozess und die Güte des mathematischen Attributionsmodells stellte, kapitulierten die Vertriebler und mussten, falls überhaupt anwesend, einen Entwickler dazu holen, um meine Fragen beantworten zu können. Glücklicherweise traf es nicht auf alle Gesprächspartner zu. Einige konnten durchaus in die Tiefe gehen und hohe Fachkompetenz beweisen. Die Mehrheit schien sich jedoch nicht im Klaren darüber zu sein, wie genau ihr Analysetool im Hintergrund funktioniert.
Weiterhin fiel mir auf, dass in der Branche kein einheitliches Begriffsverständnis einer Customer Journey existiert. So wurde mir mehrfach die Customer Journey als Multichannel-Trackingsoftware vorgestellt, die zwar Wechselwirkungen der Kanäle messen kann, allerdings keine Analyse hinsichtlich Erfolgsattribution erlaubt. Die Attribution ist jedoch ein zentraler Bestandteil der Customer Journey, da in diesem Schritt gemessen wird, welche direkte und indirekte Wirkung ein Kanal auf die Konversion hat und anhand der Ergebnisse das Marketingbudget effizienter allokiert werden soll. Wahrscheinlich ist diese brancheninterne Uneinigkeit gleichzeitig der Grund dafür, dass sich in den letzten zwei Jahren auf Kundenseite kaum etwas auf dem Gebiet Customer Journey getan hat. Es wird jedenfalls immer noch nach Last-Cookie-Wins attribuiert, obwohl das Problem dieses Modells längst bekannt ist.
Mit wenigen Ausnahmen taten sich alle Anbieter zudem schwer damit mir die Software vorzustellen. Entweder waren nicht ausreichend Demodaten vorhanden, die Software befand sich im Patentverfahren und sei noch nicht vorführbar oder das Internet am Stand funktionierte nicht. Letzteres war sowieso ein Problem, das mich erstaunt hatte. Eine Internetmesse ohne funktionierendes Internet. Fast alle Aussteller klagten über Verbindungsprobleme wegen überlasteter Leitungen.
So hangelte ich mich von einem mehr oder weniger aufschlussreichen Termin zum nächsten. Gegen 17:30 Uhr wurde die Geräuschkulisse von lauten Technobeats übertönt. Startschuss für die Standpartys und wieder eine Gelegenheit der Aussteller Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Herausragend waren hier die großen Publisher, die ohnehin die größten Ausstellungsflächen hatten. Cocktails und Bier an jeder Ecke. An einigen Ständen legten eigens DJs auf. Die eben noch so hektische Messe verwandelte sich in eine große Feier. Getreu dem Motto „Work hard – party hard“, zogen einige weiter zur offiziellen DMEXCO-Party an die Rheinterrassen. Wer nicht das Glück hatte eine gesponserte Eintrittskarte vom Geschäftspartner geschenkt bekommen zu haben musste dafür satte 119,-€ Eintrittspreis auf den Tisch legen. Ein Wahnsinn wenn man bedenkt, dass die eigentliche Messe für Besucher kostenlos ist. Ich jedenfalls war so erschöpft, dass ich lieber die Ruhe auf meinem Apartment genoss und die vielen Informationen und Eindrücke verarbeitete.
Fazit meines DMEXCO-Besuchs
Wer sich im Nachhinein gerne einige der zahlreichen interessanten Debatten und Reden aus dem Konferenzprogramm ansehen möchte, dem empfehle ich den offiziellen YouTube-Channel der DMEXCO. Weitere lesenswerte Nachberichte zur Messe sind auf Internetworld.de und Absatzwirtschaft.de zu finden. Wer im nächsten Jahr dabei sein möchte, sollte sich schon mal den 18. und 19. September 2013 im Kalender vormerken. Ich komme definitiv wieder. Auch wenn einige meiner persönlichen Erwartungen an die Aussteller etwas enttäuscht wurden – insgesamt haben mir die zwei Tage viel Input für meine Masterthesis liefern können. Die DMEXCO ist auf jeden Fall ein Besuch wert!
Hallo Alexander,
jetzt würde mich noch interessieren, ob du deine Masterarbeit zum Thema der Customer Journey auch lesbar gemacht hast.
Denn auch ich arbeite im Bereich Online-Display Performance und bin an dem Thema sehr interessiert. Würdest du deine Arbeit zur Durchschau zur Verfügung stellen?
Viele Grüße und danke vorab!
Florian Reinartz