Eine systematische Literaturanalyse zum Thema Online-Reviews
Online-Reviews gehören zu den glaubwürdigsten und einflussreichsten Informationsquellen, weswegen sie elementar für die Kunden sind [1]. Im Vergleich zu den Informationen, die vom Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, greifen Verbraucher gerne auf die unabhängigen Erfahrungsberichte zurück, weil diese als seriöser und bedeutsamer angesehen werden [2]. Online-Reviews beeinflussen jedoch nicht nur die Kaufentscheidung, sondern erhöhen zusätzlich die Kundenbindung und helfen bei der Gewinnung von Neukunden [3, 4]. Innerhalb dieses Artikels werden qualitativ hochwertige Literatur innerhalb des VHBJourqual3 Rankings systematisch analysiert. Um einen systematischen Überblick über das Thema zu bekommen, wurde sich auf sechs wesentliche Konzepte konzentriert: Gestaltung, Psychologische Effekte, Externe Effekte, Manipulation, Motivation und die Nutzung für andere Anwendungsfälle. Im Folgenden werden die wichtigsten Erkenntnisse und Wissenslücken der Forschung zusammengefasst
Gestaltung
Bei der Gestaltung untersuchen Ransbotham, Nicolas und Lio (2019) den Unterschied zwischen mobilen und nicht-mobilen-Rezensionen. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Bewertungen auf den mobilen Endgeräten affektiver, konkreter und weniger extrem sind. Außerdem hat mobile Mundpropaganda zu Beginn einen höheren Konsumwert, aber im Laufe der Zeit ist sie signifikant niedriger als bei nicht-mobilem WOM [5].
Des Weiteren beschäftigen sich Jin, Hu und He (2014) mit der Frage ob neuere oder ältere Online-Reviews relevanter für die Verbraucher sind [6]. Es zeigte sich, dass jüngste Bewertungen gut geeignet sind für Konsumentenentscheidungen, die in der nahen Zukunft fallen [7]. Hingegen ältere Bewertungen die Konsumentenentscheidung in entfernter Zukunft beeinflussen [6].
Psychologische Effekte
In diesem Konzept befassen sich Langan, Besharat und Varki (2015) mit der Fragestellung, inwieweit die Valenz und die Varianz die Kaufentscheidung beeinflussen [8]. Wichtig hierbei ist, dass beide Faktoren zusammen betrachten werden müssen, weil sie ansonsten zu falschen Ergebnissen führen [9]. Zwischen der Valenz und der Varianz besteht ein Zusammenhang, bei dem die Varianz die Produktbewertung für positiv bewertete Produkte verringert und die Bewertung von negativ bewerteten Produkten erhöht [10].
Darüber hinaus fokussieren sich Motyka et al. (2018) auf die Frage, wie Bewertungen die Impulsivität erhöhen. Ein öffentlicher Austausch von Informationen motiviert die Konsumenten impulsive Käufe zu tätigen, weil dadurch ein Belohnungsantrieb ausgelöst wird. Diese Belohnungen werden mit positiven Ergebnissen verbunden, die zu dem entsprechenden Verhalten motivieren [11].
Manipulation
In ihrer Studie identifizieren Moon et al. (2018) wichtige Faktoren, die irreführende Bewertungen von echten unterscheiden. Das Resultat der Studie war, dass gefälschte Rezensionen mit emotionaler Übertreibung, dem Fehlen spezifischer Details, der Konzentration auf die Gegenwart und Zukunft statt auf die Vergangenheit und ein bestimmtes Pronomen Muster (mehr Ich Pronomen) gekennzeichnet sind [12].
Eine weitere wichtige Fragestellung ist, wie Macht das Online-Posting-Verhalten beeinflussen kann, welche von Wu et al. (2016) beantwortet wird. Die Erkenntnis ist, dass machtlose Verbraucher positive Bewertungen abgeben, wenn die allgemeine Kongruenz ebenfalls positiv ist. Dagegen mächtige Verbraucher positiv bewerten, wenn die überwiegende Kongruenz negativ ist [13]. Der Grund hierfür ist, das machtlose Personen bei ihren Bewertungen vor dem Kauf von den Meinungen anderer sozialer Gruppen beeinflusst werden, während mächtige Personen sich dem sozialen Einfluss widersetzen, indem sie von den Meinungen anderer abweichen [14].
Externe Effekte
Eine von Alec Minnema et al. (2016) durchgeführte Studie untersucht Auswirkungen von Online-Review-Charakteristika bei der Rückgabeentscheidung von Kunden. Das Ergebnis zeigt, dass eine überwiegend positive Bewertung zu mehr Käufen, aber auch zu mehr Rückgaben führt [15].
Die Wichtigkeit von Online-Reviews als Informationsquelle für Kunden im Internet belegen mitunter Daniel S. Kostyra et al. (2015). Die Ergebnisse zeigen, dass Volumen und Varianz der Bewertungen die Entscheidungen der Kunden nicht direkt beeinflussen, sondern dass diese durch den Einfluss der Valenz entscheiden [16].
Auch Floyd et al. (2014) untersuchen den Einfluss von Valenz und Volumen, jedoch auf die Anzahl der Verkäufe von Produkten. Dessen Erkenntnisse zeigen, dass Online-Produktbewertungen den größten Einfluss auf die Verkäufe haben, wenn sie kritisch sind, auf einer Nicht-Verkäufer-Website erscheinen und eine hohe Valenz aufweisen [17].
Motivation
In der akademischen Arbeit von Jenny Van Doorn et Al. (2010), wird das Konzept des Customer Engagement Behaviors (CEB’s) behandelt. Der daraus dargestellte Management Prozess für das Erhöhen des Engagements der Kunden besteht aus der Identifikation des Verhaltens, der Evaluation der Haltung und der entsprechenden Reaktion der Verantwortlichen [18].
Nutzung für andere Anwendungsfälle
Chen und Xie (2008) diskutieren mögliche Strategien zur Einsetzung von Online-Reviews als ein neues Element der Marketingkommunikation. Die Ergebnisse geben den verantwortlichen Positionen im Unternehmen eine Hilfestellung für die Nutzung von Online-Reviews: Die Antworten auf Bewertungen sollten hinsichtlich des Produktinformationsgehalt variieren, abhängig davon, ob die Bewertung auf einem eigenen Kanal oder auf einem externen Kanal veröffentlicht wurde. Des Weiteren sollte die optimale Antwort auf eine Bewertung bei Produkten mit geringem Preis mehr Produktinformationen enthalten als jene für Produkte mit hohem Preis [19].
Zukünftige Entwicklung
Online-Reviews sind zwar ein großes und relevantes Thema, jedoch gibt es weiterhin viele Wissenslücken, die als Motivation für zukünftige Forschungen dienen. So stellt sich beispielsweise die Frage, was der Unterschied zwischen verschiedenen Kaufsituationen, wie Käufe mit hohem vs. niedrigem Involvement ist [20]. Eine weitere interessante Fragestellung ist, wie Produktbewertungen beeinflusst werden, wenn eine Diskrepanz zwischen ihnen und Rezensenten-Kommentaren besteht (niedrige Online-Rating mit positiven Online-Rezension) [21]. Ferner kann eine Analyse der Effekte von qualitativen Merkmalen in Online-Bewertungen auf Retouren, wie zum Beispiel der sprachliche Stil einer Bewertung, die Forschung zu dieser Abhängigkeit erweitern [15]. Diese qualitative Analyse könnte ebenso für den Effekt der Wahrnehmung von Marke, Preis und Produktattribute interessante Ergebnisse liefern [16].
Fazit
Bei der Arbeit mit dem wissenschaftlichen Fundus zum Thema Online-Reviews entdeckten wir Auffälligkeiten, die wir im Folgenden teilen möchten. Zuerst wurde deutlich, dass die qualitativ hochwertige Literatur nur marginal Konzepte aufgreift, die in unserer Wahrnehmung in Bezug auf Online-Reviews allgegenwärtig sind. Demzufolge sehen wir, zumindest in dieser wissenschaftlichen Landschaft, noch Potenzial aktuelle Thematiken besser abzudecken. Beispielhaft zu nennen sind hier Fake Reviews oder Potenziale von Online-Reviews. Letztlich ist zu beachten, dass wir uns innerhalb unserer Arbeit auf Forschung innerhalb des VHBJourqual Rankings beschränkt haben. Aufgrund dessen wäre eine zukünftige Analyse dieses Themas interessant, welche sich der beliebtesten Literatur widmet. So können die schnellen Dynamiken der Online-Welt womöglich besser repräsentiert werden.