Lean-Startup Methodik zur Entwicklung einer Geschäftsidee

Das Scheitern von Startups

Die Produkte und Dienstleistungen aus dem Silicon Valley treffen seit Jahren auf große Akzeptanz in Deutschland, häufig stammen sie von großen Unternehmen wie Google, Facebook oder Twitter. Aber auch Startups aus Deutschland machen immer mehr auf sich aufmerksam wie zum Beispiel N26, Celonis, FlixBus oder AboutYou. Das schnelle Wachstum dieser Unternehmen führt zu einem anwachsenden Interesse an den Arbeitsmethoden, der hinter diesem Erfolg steht. Entsprechend könnte man davon ausgehen, dass jeder, der diese Methoden beherrscht, ein erfolgreiches Startup gründen kann. Die Realität sieht jedoch gravierend anders aus. Die Erfolgsquote von Startup-Unternehmen ist eher schwach: Etwa nur eins von zehn gelingt der erhoffte Erfolg.

Eine Studie von über 100 Startups hat ergeben, dass die drei häufigsten Gründe für das Scheitern vermeidbar gewesen wären:

  1. Ein Produkt wurde entwickelt, das niemand kaufen wollte. (42 Prozent)
  2. Das Budget war aufgebraucht, ehe hinreichende Umsätze erzielt werden konnten. (29 Prozent)
  3. Das Gründer-Team passte psychologisch nicht zusammen. (23 Prozent)

Erst an vierter Stelle steht eine externe Ursache: Der Wettbewerb war stärker. Daher stellt sich die Frage: Wie man solche Risiken vermeiden oder minimieren kann? Speziell für das erste Problem, wurde das Lean Startup-Konzept entwickelt, das diese und andere Fehlentscheidungen frühzeitig vermeiden soll.

Lean-Startup als Lösung

“Lean-Startup” kann man wie folgt definieren: Lean-Startup ist ein Ansatz für den Aufbau neuer Unternehmen, der auf dem Grundsatz basiert, dass Unternehmer bei der Entwicklung von neuen Produkten forschen, experimentieren, testen und iterieren müssen¹. Die Lean-Startup-Methode befürwortet die Entwicklung von Produkten, die die Verbraucher bereits nachweislich nachgefragt haben, sodass bereits bei der Produkteinführung ein Markt entsteht, anstatt ein Produkt bis zur Marktreife zu entwickeln und dann zu hoffen, dass Nachfrage sich von alleine einstellt¹.

Build Measure Learn Loop

Build-Measure-Learn Feedback Loop²

Kern der Methode bildet das validierte Lernen mithilfe des Feedback Loop. Hierbei handelt es sich um eine Methode zur Durchführung von Experimenten im Kreisprozess „Build-Measure-Learn”. Der Prozess stellt einen Zyklus der Erzeugung und Prüfung von Hypothesen dar. Die Erstellung von simplen Prototypen für die potenziellen Kunden ermöglicht es, ihre Reaktionen zu messen und aus den Ergebnissen zu lernen (siehe Fehler: Verweis nicht gefunden). Ziel dabei ist es, das Angebot kontinuierlich zu verbessern, um schließlich genau das zu liefern, was die Kunden wollen. Mithilfe des Zyklus erreichen Unternehmen, Schnelligkeit einen Bestandteil ihrer Produktentwicklung werden zu lassen.

MVP und Pivot

Ein weiterer wichtiger Aspekt im Lean-Startup ist der Einsatz eines sogenannten MVP (Minimum Viable Product). Nach Ries definiert sich dieser wie folgt: „version of a new product which allows a team to collect the maximum amount of validated learning about customers with the least effort”.1 Mithilfe des MVP können grundlegende Hypothesen über die Bedürfnisse und Wünsche des Kunden getestet und in den Lernprozess eingebunden werden. Basierend auf den Reaktionen und dem Verhalten von potenziellen Kunden gegenüber der Idee oder dem Produkt können Korrekturen oder ein sogenannter „Pivot“ durchgeführt werden. Unter einem „Pivot“ versteht sich die signifikante Anpassung der Strategieausrichtung eines Geschäftsmodells, wobei dabei die Unternehmensvision nicht in Frage gestellt wird. Nicht nur Kundenfeedback kann Auslöser für einen Pivot sein, auch veränderte Konkurrenzsituationen oder generell neue Marktumstände können dazu führen³.

Insgesamt kann man die Lean-Startup-Methode wie folgt zusammenfassen: Möglichst schnell und mit geringem Risiko ein erfolgreiches Produkt entwickeln.

MyWatch – Die Idee für ein Security-Startup

Fast 100.000 Einbrüche geschehen jährlich in Deutschland. Abgesehen von den psychischen Folgen sind sich viele Privathaushalte der Vermögenswerte von alltäglichen Gegenständen gar nicht bewusst. Um sich gegen einen Einbruchdiebstahl wirkungsvoll zu schützen, muss man den Zusammenhang zwischen Sicherheitstechnik und Einbruchgefahr verstehen: Die Zeit spielt bei Einbrüchen die entscheidende Rolle. Gerade abgelegenere Orte wie eine Kleingartensiedlung oder Garagenhöfen sind ein bei Einbrechern beliebtes Ziel. Sie sind oftmals unbewacht und so abgelegen, dass die Geräusche eines Einbruchs nicht auffallen. Herkömmliche Alarmanlagen sind meist sehr teuer und setzten eine gute Infrastruktur von Internet und Strom voraus und funktionieren somit meist nicht an solch abgelegenen Orten.

Hierfür haben wir die Lösung „MyWatch“, die erste preiswerte Sicherheitslösung für jede/r Mann/Frau und jeden Ort, entwickelt. Wir haben uns diesem Problem angenommen und eine Alarmanlage entwickelt, die mittels Mobilfunks und Akkubetrieb arbeitet und somit auch an Orten eingesetzt werden kann, an denen klassische Sicherheitstechnik scheitert. Somit wird die Sicherheit des privaten Eigentums gewährleistet und die Unannehmlichkeiten sowie finanziellen Folgen bei einem Einbruch erspart.

Manfred und Gabi

Mit Hilfe von unseren Personas Manfred und Gabi entwickelten wir Hypothesen über die Pains & Gains der Kunden. Diese sollen dann in einer quantiativen Umfrage getestet werden, um unser Geschäftsmodell zu validieren. Beide hätten Interesse ihre Garage, bzw. ihr Gartenhäuschen zu sichern, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Manfred möchte seinen kostbaren Oldtimer in Sicherheit wissen, Gabi möchte wissen, dass all ihr Inventar vom Gartenhäuschen noch da ist und sie das nächste mal entspannt ihren Feierabend genießen will.

Ergebnisse aus der ersten Befragung

Die quantitative Befragung ergab, dass für viele Probanden das einfache Schloss am Garagentor oder der Eingangstür nicht ausreicht, um wirklich Sicherheit zu empfinden. Daher soll eine zusätzliche Sicherheitsebene geschaffen werden, die primär den Besitzer informiert, wenn jemand versucht sich Zugriff zu verschaffen, aber auch eine Bild- und Tonaufnahme startet und einen akustischen Alarm auslöst. Zur Finanzierung wurde deutlich, dass ein Abo-Modell äußerst unbeliebt ist, dafür aber ein gutes Sicherheitssystem durchaus einen Preis von 50-100€ wert wäre.

Pivot

Mit diesen Erkenntnissen wurde das Geschäftsmodell und der Value Proposition Canvas angepasst. Mit den verbliebenen Hypothesen, dass Kunden eine schnelle, einfache Benachrichtigung wollen, normale Alarmanlagen neben der benötigten Infrastruktur auch zu teuer sind und eine minimalistische, aber dafür günstige Sicherheitslösung präferiert wird, ging es in die nächste Runde des Build-Measure-Learn-Loops.

Zweite Befragung

Das MVP (Minimal Viable Product) wurde über ein Papier-Prototypen dargestellt und zusammen mit einer Kunststoff-Box den potentiellen Kunden in einem qualitativen Interview präsentiert. Im Gespräch wurden dann die aufgestellten Hypothesen überprüft und somit die Validierung des Geschäftsmodell vorgenommen.

Erneuter Pivot

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass das Produkt für den Kunden wie vermutet eine einfache aber günstige Lösung für ihre Probleme suchen. Eine Aufnahme der Geschehnisse in der Garage, bzw. dem Gartenhaus reicht aus und lediglich der Alarmton soll die Einbrecher abschrecken.

Rückblickend auf die ursprünglichen Ideen, Annahmen und Hypothesen lässt sich hier erkennen, dass es den Leuten, die bisher keine Alarmanlage haben, nicht darum geht, ein besseres Produkt zu kaufen. Es geht mehr darum, die Kosten zu senken und mit wenigen, einfachen Mitteln die empfundene Sicherheit zu erhöhen. Unannehmlichkeiten der Neubeschaffung spielen fast gar keine Rolle in den Problemen der Kunden.

Das Endprodukt von Lean-Startup

Der Business-Model-Canvas von MyWatch

Durch den Build-Measure-Learn-Loop ist jetzt eine Geschäftsidee entstanden, die so ausgereift ist, dass man sie auf ein Business-Model-Canvas übertragen kann. MyWatch wäre jetzt an dem Punkt angekommen, wo es an die Wirtschaftslichkeitsrechnung geht und das tatsächliche Produkt zu entwickeln. Der Lean-Startup Ansatz hat die ursprüngliche Idee weiterentwickelt zu einem validierten Konzept, dass an den Markt gehen könnte. Es bedient nachweislich die Bedürfnisse von Kunden.

Fazit

Die Entwicklung des Geschäftsmodells stellt einen kritischen Teil beim Aufbau eines Start-Ups dar. Die kritische Hinterfragung von selbst getroffenen Annahmen und Hypothesen ist daher essenziell für den Erfolg des Unternehmens. Sie entscheidend darüber, ob das Geschäftsmodell profitabel sein wird oder nicht. Ziel dieser Arbeit war es darzustellen, wie die Lean-Startup Methodik helfen kann, eine Geschäftsidee weiter zu entwickeln, damit sie später am Markt auch interessierte Kunden trifft.

In unserem Beispiel wurde schnell deutlich, dass die Kunden ziemlich genau wissen, was ihre Probleme sind und wie die Lösung dafür aussehen soll. Einige von unseren Annahmen konnten belegt werden, andere nicht. Sollte man den Lean-Startup Ansatz verfolgen für seine Geschäftsidee, so ist es wichtig, offen für die Meinung der Kunden zu sein. Dafür kann man sich am Ende sicher sein, dass das Produkt auch seinen Platz am Markt hat und man nicht daran scheitert, dass niemand das Produkt braucht.

Quellenverweise:

Quelle 1: Ries, Eric (2011): The lean startup. How today’s entrepreneurs use continuous innovation to create radically successful businesses, New York, NY.

Quelle 2: Mind Tools (o.J.): The Build-Measure-Learn Feedback Loop: Creating Real

Quelle 3: Gruenderszene.de (o.J.): Pivot Definition, URL: https://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/pivot?interstitial_click, Stand: 13. Juni 2019.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert