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Hat die geografische Distanz einen Effekt auf die Wirksamkeit von eWOM?

Is Distance really Dead in the Online World

Durch die digitale Entwicklung gewinnt Elektronische Mundpropaganda an immer mehr Einfluss im Online Marketing. Der Grund hierfür ist eigentlich recht simpel.  Mehr Verbraucher denn je tauschen sich digital über Produkte und Dienstleistungen aus oder interessieren sich für Meinungen und Rezensionen Dritter . Zudem werden all diese Meinungen im Web immer präsenter und leichter zugänglich.

Darüber hinaus nehmen Informationen über nutzergenerierte Inhalte (besonders Standort Verfügbarkeiten) stetig zu. Demzufolge stellt sich natürlich die Frage, ob der Standort bzw. die Distanz zwischen Empfängern und Verbreitern von elektronischer Mundpropaganda (eWOM) eine Rolle spielt und wenn ja, wieso?

Erste Meinungen zur Thematik

Unter Marketern gibt es in Hinsicht auf die zu behandelnde Frage drei verschiedene Meinungen.

In der Literatur hingegen lassen sich in Bezug auf die Frage, ob die Distanz einen Einfluss auf die Wirksamkeit von eWOM Nachrichten hat, zwei verschiedene Ansätze unterscheiden.

Um die Frage nach der Auswirkung der Distanz auf die Wirksamkeit von eWOM Nachrichten zu klären, haben sich Vilma Todri, Panagiotis (Panos) Adamopoulos und Michelle Andrews in ihrer Studie „Is Distance Really Dead in the Online World? The Moderating Role of Geographical Distance on the Effectiveness of Electronic Word of Mouth“ (auf die sich dieser Blog-Beitrag stützt) mit der Thematik ausführlich auseinandergesetzt und sind zu interessanten Erkenntnissen gekommen, welche im laufe dieses Beitrags nun weiter erläutert werden.

Wie war die Studie aufgebaut?

Um Ihrer Forschungsfrage: „Spielt die geografische Entfernung abseits wirtschaftl. Kosten zwischen bekannten Paaren an eWOM Sendern und Empfängern auf Social Media in Bezug auf deren Kaufverhalten eine Rolle? “ auf den Grund zu gehen, haben die Autoren der Studie mithilfe von AmericanExpress und der Online Plattform Twitter ein Experiment gestartet.

Das Experiment bestand darin, dass AmericanExpress, mithilfe eines neu aufgesetzten Einkaufsservices auf der Plattform Twitter, eine Liste von rabattierten Produkten (Rabatte waren nur auf der Plattform verfügbar) veröffentlicht hat. Die veröffentlichten Produktlisten wurden in Kooperation mit Einzelhändlern erstellt und bestanden jeweils aus dem Produktnamen, dem Verkaufspreis und einem Hashtag.

Sobald der Dienstanbieter die zum Kauf angebotenen Produkte veröffentlicht hat, konnten die Nutzer diese Produkte kaufen, indem sie einen Tweet mit dem entsprechenden Hashtag posteten. Zusätzlich zu dem erforderlichen Hashtag konnten die Verbraucher die Kauf-Tweets, die (automatisch) mit ihren Social-Media-Kollegen geteilt wurden, personalisieren.

Normalerweise werden solche Nachrichten auf den Social-Media-Profilen der Nutzer gepostet, und ihre Follower (d. h. diejenigen, die ihre Timeline abonniert haben) erhalten diese Nachrichten automatisch in ihren eigenen Newsfeeds. Der Social-Commerce-Anbieter verfolgt die Tweets, die den angegebenen Hashtag enthalten, und verbindet sie mit dem entsprechenden Produkt. Nach der Kaufbestätigung stellt der Dienstleister den Nutzern die Rechnung und versendet das Produkt.

Sichtbarkeit der eWOM Nachrichten

Hinsichtlich der Sichtbarkeit der Tweets von Käufern gab es eine Einschränkung, welche durch eine Funktion der Plattform Twitter zustande gekommen war. So wurde, wie bereits zuvor erwähnt, nach einem Kauf ein sogenannter „Kauf-Tweet“ veröffentlicht.

Die Sichtbarkeit wird hierbei durch den Verbreiter innerhalb seines Kauf-Tweets gesteuert. Ein Kauf-Tweet besteht immer aus dem Produkt-Hashtag und einem „@“, welches dafür zuständig ist, zu regeln, welche Follower des Käufers den Kauf-Tweet in ihrem News-Feed erhalten und welche nicht.

Allgemein lassen sich hierbei zwei Fälle unterscheiden:

Ergebnisse des Experiments

Insgesamt kam es innerhalb des Experiments zu 132.995 Impressionen von Social-Media Nutzern, von denen sich 1,4% zu einem Kauf der angebotenen Produkte entschieden.

Auswertung der Ergebnisse in Hinblick auf die Forschungsfrage

Um nun aus dem vorangegangenen Experiment Schlussfolgerungen in Hinsicht auf die Forschungsfrage „Spielt die geografische Entfernung abseits wirtschaftl. Kosten zwischen bekannten Paaren an eWOM Sendern und Empfängern auf Social Media in Bezug auf deren Kaufverhalten eine Rolle?“ abzuleiten, wurden die Ergebnisse anschließend empirisch ausgewertet.Hierzu haben die Autoren eine Formel entwickelt, mit der die Wahrscheinlichkeit, dass der Follower i von Verbraucher j nach einer eWOM Nachricht von j das gleiche Produkt wie j kauft bestimmt wird (Lambda i).

Im Detail besagt die Formel, dass die Schätzung der Kaufwahrscheinlichkeit sich, durch die Summe der Sichtbarkeit der Nachricht, der geografischen Distanz, der Beziehung zwischen der Sichtbarkeit der Nachricht und der geografischen Distanz, der Merkmale der Nutzerbeziehung (X), der Merkmale der Nachricht (M), sowie den Merkmalen des Verbreiters (D) und Empfängers (R) der eWOM Nachricht, multipliziert mit einer Basiswahrscheinlichkeit Basisrisiko (λ0(t)) zusammensetzt. Zudem erhalten alle Variablen mittels der Multiplikation mit einem bestimmten „?“ eine Gewichtung, welche die Signifikanz der einzelnen Variablen innerhalb der Formel festsetzt.

Die Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass einige Aussagen aus der angeführten Literatur bestätigt werden können.

So konnte bestätigt werden, dass eine große Ähnlichkeit zwischen Empfängern, sowie Verbreitern der eWOM Nachrichten positiven Einfluss auf die Kaufwahrscheinlichkeit hat. Ebenso konnte bestätigt werden, dass eine reziproke Beziehung (eine Beziehung, welche auf Gegenseitigkeit beruht) einen stark positiven Einfluss auf die Kaufwahrscheinlichkeit hat. Darüber hinaus wird die Kaufwahrscheinlichkeit ebenfalls durch Faktoren wie die Stimmung der Nachricht (Wird sich in der eWOM Nachricht stark für oder gegen ein Produkt ausgesprochen), die Kompetenz des Verbreiters und den Fakt, ob eine eWOM Nachricht personalisiert ist oder nicht beeinflusst.Eine Personalisierung der Nachricht, sowie eine ausgeprägte Kompetenz des Verbreiters wirken sich hierbei positiv auf die Kaufentscheidung aus.

Die neue und bedeutendste Erkenntnis welche im Rahmen der Studie erlangt wurde ist, dass eine zunehmende geografische Distanz in Beziehung mit der Sichtbarkeit einer eWOM Nachricht eine negative Auswirkung auf die Kaufwahrscheinlichkeit aufweist, was die Forschungsfrage beantwortet.

Die Autoren treffen auf Grundlage ihrer Erkenntnis folgende Aussagen:

Praxisbeispiel:

Um die negative Auswirkung der geografischen Distanz zu verdeutlichen, setzen die Autoren ihre Erkenntnis in ein Praxisbeispiel um:

Abb.2: Praxisbeispiel- Auswirkungen von eWOM

Weshalb hat die Distanz zwischen Empfängern und Verbreitern von eWOM Nachrichten Auswirkungen auf die Effektivität der Nachrichten?

Ausgehend von den Ergebnissen, stellt sich nun natürlich die Frage, weshalb hat die Distanz zwischen Empfängern und Verbreitern von eWOM Nachrichten Auswirkungen auf die Effektivität der Nachrichten?

Auch dieser Frage sind die Autoren auf den Grund gegangen und stellten die Hypothese auf, dass die negative Beziehung zwischen geografischer Entfernung und eWOM-Effektivität auf die Identifikationsprozesse der Nutzer sozialer Medien zurückzuführen sein könnte.

Um diese Hypothese zu bestätigen, nutzten die Autoren die Salienz des Standortes der eWOM Verbreiter. Sie hoben also die Standorte der Verbreiter der eWOM Nachrichten optisch hervor und überprüften die Auswirkung dieser Veränderung auf die Kaufwahrscheinlichkeit. Es ergab sich, dass die Beziehung zwischen geografischer Entfernung und eWOM-Effektivität sogar noch negativer wird, wenn die Entfernung durch den Standort stärker hervorgehoben wird. Dieses Ergebnis lässt darauf hindeuten, dass die gemeinsame soziale Identität (verschiedene Menschen können sich aufgrund von geografischer Nähe miteinander identifizieren) einen wahrscheinlich ausschlaggebenden Faktor für dieses Phänomen darstellt.

Schlussfolgerungen

Abschließend lässt sich die wichtigste Erkenntnis noch einmal zusammenfassen:

Der Zusammenhang zwischen eWOM und der Wahrscheinlichkeit, dass die Empfänger der Nachricht anschließend auch ein Produkt kaufen, nimmt mit zunehmender räumlicher Nähe zwischen Verbreiter und Empfänger signifikant zu.

Dieses Ergebnis birgt neben einer neuen Erkenntnis ebenfalls weitere Chancen für Marketingmaßnahmen von Unternehmen in der Praxis. So kann künftig die Überzeugungskraft von Werbekampagnen weiter gesteigert werden, indem lokale Hinweise oder andere Identifikationsauslöser in Inhalte eingebaut werden, um die sozialen Identifikationsprozesse der Verbraucher und somit die Effektivität der eWOM Nachrichten zu fördern.

Neben den Ergebnissen der Studie sollte allerdings auch auf die Grenzen dieser hingewiesen werden. So wurde die Studie beispielsweise nur mittels einer einzigen Plattform durchgeführt, wodurch die Allgemeingültigkeit des Ergebnisses in Frage gestellt werden kann. Darüber hinaus wurden nur die Käufe, die auf eine eWOM Nachricht folgten, erfasst, nicht aber andere Auswirkungen, z.B. ob die Nachrichten inspirierend wirkten und zu späteren Käufen führten.

Quelle der Studie: „Is Distance Really Dead in the Online World? The Moderating Role of Geographical Distance on the Effectiveness of Electronic Word of Mouth“, Vilma Todri, Panagiotis (Panos) Adamopoulos, and Michelle Andrews, American Marketing Association, 2021

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