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Fehlstart ins Weihnachtsgeschäft – Otto enttäuscht Kunden von 50.000 Bestellungen

Die Nummer zwei im deutschen Online-Handel, der Traditionsversender Otto, enttäuschte am Montag viele Tausend Kunden und leistet sich laufend Fehler mit dem folgenden Shitstorm.

50.000 Bestellungen von Kunden aus ganz Deutschland wurden über das vergangene Wochenende auf Otto.de getätigt. Der Anreiz waren frei verwendbare Gutscheincodes mit einem Wert von 88€ bis hin zu 400€, wobei der jeweilige Mindestbestellwert nur einen Euro höher als der Wert lag.

Die Gutscheine stammten aus verschiedenen Facebook-Aktionen von Otto und waren ursprünglich nur für kleine Kundengruppen gedacht. Findige Internetuser probierten zusätzlich verschiedene Kombinationen der 5-stelligen Codes aus und so gerieten 40 verschiedene Gutscheincodes in den Umlauf. Als diese dann den Weg auf große Blogs wie MyDealz ( inzwischen ~ 4.000 Kommentare zu dem Thema) fanden, fingen die Server des Hamburger Unternehmens so richtig an zu glühen. Otto verschickte an jeden Kunden eine automatische Bestellbestätigung, auf denen der Gutschein korrekt verrechnet wurde.

Da diese Bestellbestätigung jedoch keinen abgeschlossenen rechtsgültigen Kaufvertrag darstellt (Stichwort „invitatio ad offerendum“), war eine Reaktion Otto’s nur eine Frage der Zeit. Bei fünfzigtausend Bestellungen mit einem, sagen wir mal, durchschnittlichen Warenkorbwert von 244€ landete die Aktion bei einem Volumen von über 12 Millionen Euro!

Die Reaktion seitens Otto kam gegen halb 9 am Montagmorgen in Form einer kurzen Antwort des Social-Media-Teams auf die Anfrage eines Kunden bei Facebook, ob sein verwendeter Gutschein gültig sei. Die Gutscheine wurden etwa zeitgleich gesperrt. Man bat um Geduld, habe das Problem erkannt und versprach noch am selben Tag eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Neun Stunden später wurde eine Pressemitteilung veröffentlicht, aus der hervor geht, dass es sich um ein technisches Problem gehandelt habe und man alle Bestellungen, welche im Zusammenhang mit den Gutscheinen aufgegeben wurden, storniert habe.

Der Ablauf und der Umgang mit den Kunden war nur für wenige Gutschein-Nutzer akzeptabel. Viele ließen ihren Ärger auf der Facebook-Pinnwand von Otto heraus und deren sonst so positiv aufgefallenes Social-Media-Team kann diesem Shitstorm nur wenig entgegenbringen. Schnell griffen auch die Medien das Thema auf: DIE WELT / Hamburger Abendblatt / FAZ / t3n / Internet World Business / socialpunk

Die Kommunikation seitens Otto war und ist das größte Problem

Die Unternehmenszentrale in Hamburg am Montagabend (Foto: twitter.com/pabloheimplatz)

Knappe hundert Wörter spendierte man der offiziellen Pressemitteilung und stellte diese einfach im eigenen „Newsroom“ online – mehr kam nicht. Keine Stornomails an die Schnäppchenjäger und keine für die langjährigen Bestandskunden, keine offizielle Entschuldigung für den Fehler, kein Post des Social-Media-Teams mit Verweis auf die Pressemitteilung.
Viele Kunden erfuhren aus der Tagespresse oder dem Radio, was mit ihren Bestellungen passierte! Ein direkten Kundenkontakt scheint Otto hier nicht zu wünschen. Der Kunde, der seine Bestellung abschickte und seit dem das Thema nicht mehr verfolgt, wird wohl Monate auf sein Paket warten.

Weitere Knackpunkte:

 

Vielen Nutzern der Gutscheincodes war das Risiko einer Stornierung bewusst und trotzdem.
Dem Platz eins im deutschen Online-Handel gelingt es mit solchen Situationen kundenfreundlicher umzugehen. Ein Preisfehler bei Amazon ist in der Welt der Schnäppchenjäger schon längst nichts besonderes mehr. Die Stornierung der Bestellung ist so sicher wie die dazugehörige Stornomail mit einer Entschuldigung. Doch das ist völlig in Ordnung, denn die Stornomail kommt meist innerhalb weniger Stunden … und im Vergleich zu Otto kommt sie überhaupt.
Passend dazu, die Aussage von Amazon-Chef Jeff Bezos in der Berliner Zeitung, wonach „Konzentration auf den Kunden“ die erste von drei großen Ideen hinter Amazon ist.

Mancher wirft Otto vor, die Aktion bewusst initiiert zu haben, um trotz kürzlichen Aufkaufens der Neckermann.de-Adressdaten seinen Weihnachtskatalog an noch mehr Briefkästen ausliefern zu können. Letztendlich dürfte die Otto-Group als Traditionsversender aber schon vorher einen nahezu flächendeckenden Adressdatensatz besessen haben und hätte einen schlechten Deal gefahren, wenn man nun die negative PR auf der einen und die neu gewonnen Datensätze auf der anderen Seite betrachtet. Hinzukommend handelt es sich um Datensätze größtenteils nun unzufriedener Kunden.

Dass die Kunden dieser Aktion im Internet immer und immer wieder von Otto’s personalisierter Werbung (Stichwort Retargeting) jene Produkte präsentiert bekommen, welche sie jetzt nicht geliefert bekommen, ist wohl ein eher spezieller Nebeneffekt.

Es bleibt abzuwarten, ob Otto weitere Reaktionen zeigen wird oder nicht.

(Stand: 28.11.12 8:00 Uhr)

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