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Eye-Tracking: Eine neue Art Marketingmaßnahmen messbar zu machen

Das digitale Marketing spielt eine immer wichtigere Rolle für den Erfolg von Unternehmen. Erfolg auf dem stetig größer werdenden Markt und im wachsenden Wettbewerb ist entscheidend für jedes Unternehmen. Eye-Tracking stellt eine von vielen Methoden dar, um digitale Marketing-Maßnahmen messbar zu machen. Das Verständnis der visuellen Wahrnehmung ist für Marketingmanager und -forscher von entscheidender Bedeutung, da die Wahrnehmung von Produkten, Orten, Werbeaktionen und verwandten Objekten von zentraler Bedeutung für Marktplatz-Interaktionen ist[1]. Diese Notwendigkeit wird durch den ständig wachsenden Einsatz von Bildern und visuellen Mitteln im Online-Marketing in Verbindung mit der zunehmenden Vorliebe der Verbraucher für visuelle versus verbale Informationen zum Verständnis und zur Bewertung von Angeboten auf dem Marktplatz noch verstärkt[2]. Als Teil des Neuromarketings analysieren Eye-Tracking-Studien neben den visuellen Wahrnehmungen auch die Struktur von Entscheidungsprozessen[3]. Doch in welchen Marketing-Bereichen spielt Eye-Tracking wirklich bereits eine Rolle? Welche Erkenntnisse wurden gewonnen und welche Empfehlungen bringen diese für das operative Geschäft mit sich? Der folgende Blogeintrag verschafft einen Überblick über die veröffentlichte Literatur im Bereich des Eye-Trackings in Beziehung zum digitalen Marketing und setzt die Ergebnisse sowohl quantitativ als auch qualitativ in Bezug. Als Basis dient eine wisschenschaftliche Literaturecherche, für die aus den Datenbanken IEEE, EBSCO und Springer 750 einschlägige Publikationen extrahiert und in einem mehrstufigen Verfahren gefiltert wurden. Übrig blieben 61 wissenschaftlich relevante Artikel zum Thema Eye-Tracking im digitalen Marketing, deren Erkenntnisse hier zusammengefassst werden.

Grundlagen des Eyetrackings

Die wichtigsten Metriken im Eye-Tracking sind Fixationen, Sakkaden, Scan-Pfade, Heatmaps und Areas of Interest. Fixationen sind ein Cluster von Blickpunkten, Sakkaden sind die schnelle Augenbewegung zwischen den Fixationen[4]. Ein Scan-Pfad ist demnach die Abfolge von Fixation – Sakkade – Fixation[5]. Eine Heatmap visualisiert die Aufmerksamkeit in einem bestimmten Bereich durch die Darstellung von Farben, eine Area of Interest hingegen markiert Bereiche welche besondere Aufmerksamkeit vom Nutzer erhalten und kennzeichnet diese mit weiteren Metriken wie Fixationsdauer und Fixationsanzahl[6].

Erkenntnisse im Bereich Werbeanzeigen

Ein Großteil der Eye-Tracking-Studien beschäftigt sich mit der Platzierung von Werbeanzeigen und Banner. Ahram und Falcao bestätigten zuletzt die Erkenntnisse aus früheren Studien: So wird von dem Nutzer am häufigsten der Top-Banner, also die Werbeanzeige ganz oben auf einer Website, betrachtet[7]. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass der erste Blick nach dem Öffnen einer Website oft direkt hier hinfällt, zum anderen erwarten die User an dieser Stelle Inhalt wie bspw. Navigationsmenüs oder Suchfelder[8]. Cao et al. konnten in einer weiteren Studie feststellen, dass Werbeanzeigen im mittleren Bereich durch die Verknüpfung mit Links, Interaktivität oder auffälligen Farbgestaltungen ebenfalls mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen können[9]. Die rechte Seite wird von den Usern oft als Werbebereich wahrgenommen. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass User,die im konkreten Suchmodus arbeiten und “Lean Forward” agieren, diese Anzeigen automatisch meiden. Dies greift die Thematik der Banner Blindheit auf[10]. Ein weiterer Faktor, welcher die Banner-Blindheit beeinflusst, ist die kognitive Anforderung der Website. Lapa stellte fest, dass bei erhöhter kognitiver Auslastung Werbeanzeigen deutlich weniger Aufmerksamkeit erhalten, als bei niedriger Auslastung.

Hingegen erhielten Werbeanzeigen bei einem “Lean Back” Suchverhalten der Nutzer deutlich mehr Aufmerksamkeit[11]. Ebenfalls wurde die Distraktion zwischen Inhalt und Werbeanzeigen sowohl im Video-Marketing als auch Kontextbezogen betrachtet. Tangmanee stellte fest, dass Werbeanzeige und Inhalt sich gegenseitig stören. Dies bedeutet, umso mehr Aufmerksamkeit dem Inhalt geschenkt wird, desto weniger werden die Werbebanner betrachtet und andersherum[12]. Dennoch gibt es Studien die positive Korrelationen zwischen Werbeanzeigen und Inhalten aufweisen, und zwar im Zusammenhang mit der jeweiligen Relevanz füreinander. Leser, die relevante Anzeigen sahen, schenkten den Anzeigen deutlich mehr Aufmerksamkeit als jene, für welche die Anzeigen irrelevant waren. Dies bestätigt die Ergebnisse einer früheren Untersuchung von Rieger, Bartz und Bente[13].

Die oben genannten Erkenntnisse können ebenfalls auf das E-Mail-Marketing übertragen werden. Hier gilt, dass der obere Bereich die meiste Aufmerksamkeit erhält im Vergleich zu den anderen Werbepositionen. Des Weiteren spielt der Name des Absenders eine wichtigere Rolle als der Betreff der E-Mail. Ein weiterer Faktor bleibt trotzdem die Relevanz des Angebots[14]. Ebenso treffen die Erkenntnisse auf die Untersuchung von Suchmaschinen zu, bei denen gleichermaßen die Top-Down-Theorie zutrifft.

Erkenntnisse im Bereich des User-Experience-Designs

Der überwiegende Bereich der empirischen Studien kann dem User-Experience-Design (UX-Design) zugeschrieben werden. Durch den Einsatz von Eye-Tracking können allgemeine Erkenntnisse für ein nutzerfreundliches Design von Webauftritten abgeleitet werden, aber auch bereits vorhandene Websites in ihrer Funktionalität überprüft werden. Dabei werden verschiedenste Bereich der User Experience angeschnitten. Ein besonderer Fokus liegt auf Studien zu genderspezifischen Verhalten, interaktiven Elementen und dem Einsatz von Bildern des menschlichen Gesichtes zur Aufmerksamkeitssteigerung. Auch der Kaufprozess und die damit verbundene Entscheidungsfindung, wird durch Eye-Tracking-Studien intensiv betrachtet.

Țichindelean et al. legen in einer Eye-Tracking-Studie zur Untersuchung von Websites dar, dass die Blicke der Probanden auf Websites festen horizontalen und vertikalen Mustern folgen und keine chaotischen oder zufälligen Wege gehen. Daraus resultiert, dass auch die dargestellten Informationen einer Website festen Strukturen folgen sollten, sodass der natürliche Lesefluss des Konsumenten nicht unterbrochen wird[15]. Auch Djamasbi et al. stellen ein schnelleres Lösen von Aufgaben bei horizontaler Anordnung der Informationen auf der Website fest[16]. Shi, Wedel und Pieters dokumentieren weiterhin starke von Links-nach-Rechts-Tendenzen, auch wenn es sich nicht um das Lesen von Texten handelt. Diese bleiben auch, wenn sich die Ausrichtung des Bildschirms ändert[17]. Allgemein nehmen Kunden eine Website als positiv wahr, wenn sie entspannte, zurückhaltende Farben verwendet, relevante und professionelle Fotos eingebunden sind und eine einfache Navigation vorhanden ist. Texte sollten gut lesbar sein, Elemente angenehm für das Auge positioniert und weiße Flächen in angemessenem Maß verwendet werden[18].

Djamasbi et al. und Wang et al. bestätigten in zwei durchgeführten Eye-Tracking-Studien beide die Theorie, dass sich der Einsatz von Bildern von Menschen und Gesichtern positiv auf den User auswirkt[19]. Wenn es die Inhalte zulassen, wird empfohlen, Bilder von Gesichtern einzubauen, um so die Attraktivität der Website und das Vertrauen der Nutzer zu steigern. Heatmaps der Eye-Tracking-Studie weisen darauf hin, dass diese auch Aufmerksamkeit auf nebenstehende Texte lenken können[20].

Trends und Fazit

Mit Hilfe eines systematischen Recherche-Prozesses wurden empirische Eye-Tracking-Studien im Bereich des digitalen Marketings untersucht. Dabei wurde die zunehmende Bedeutung von Eye-Tracking-Geräten in der Marketingforschung, sowohl durch die wachsende Anzahl an Arbeiten deutlich, als auch durch die Breite der Forschungsgebiete, die bereits untersucht wurden. Erste amerikanische Supermärkte nutzen Eye-Tracking bereits, um Aufnahmen mit versteckten Kameras zu generieren und aus diesen Rückschlüsse für die eigene Marketingstrategie zu ziehen[21]. Auch wenn eine solche Benutzung von Eye-Trackern ebenfalls für das Online-Marketing vorausgesagt wird, etwa über die Kamera des Smartphones, gibt es bisher keine Studien, die diese Entwicklungen belegen. Ersten Wissenschaftler ist es allerdings gelungen, die im Eye-Tracking gesammelten Daten durch maschinelles Lernen so auszuwerten, dass keine realen Probanden mehr nötig sind, um die Usability von Websites zu bewerten, sondern dies automatisch durchgeführt werden kann. Die großen Bereiche des digitalen Marketings, von Wadhawan[22] definiert als Unternehmenswebsite, Suchmaschinen-, Content-, Email-, Mobile- und Displaymarketing wurden in unterschiedlichen Ausprägung bereits durch Eye-Tracking-Studien untersucht. Die Bereiche Social Media-, Influencer-und Affiliate-Marketing werden bis jetzt weniger bis gar nicht betrachtet, was damit begründet werden kann, dass diese Formen sich erst später herausgebildet haben. [23]

Literaturverzeichnis

[1] Chandon, Pierre, J. Wesley Hutchinson, Eric T. Bradlow, and Scott H. Young. “Measuring the Value of Point-of-Purchase Marketing with Commercial Eye- Tracking Data.” Visual Marketing: From Attention to Action, 2012, 225–58. https://doi.org/10.4324/9780203809617. [2] DeLone, W., McLean, E.: Measuring E-Commerce Success: Applying the Delone & McLean Information Systems Success Model. Int. J. Electron. Comm. 9(1), 31–47 (2004) [3] Luo, J., Ba, S., Zhang, H.: The Effectiveness of Online Shopping Characteristics and Well- Designed Websites on Satisfaction. Mis. Quart. 36(4), 1131–1144 (2012) [4] Punde, Pramodini A., Mukti E. Jadhav, and Ramesh R. Manza. “A Study of Eye Tracking Technology and Its Applications.” Proceedings – 1st International Conference on Intelligent Systems and Information Management, ICISIM 2017 2017-Janua (2017): 86–90. https://doi.org/10.1109/ICISIM.2017.8122153. [5] Divya, Venugopal, J. Amudha, and C. Jyotsna. “Developing an Application Using Eye Tracker.” 2016 IEEE International Conference on Recent Trends in Electronics, Information and Communication Technology, RTEICT 2016 – Proceedings, 2017, 1518–22. https://doi.org/10.1109/RTEICT.2016.7808086. [6] Punde, Pramodini A., Mukti E. Jadhav, and Ramesh R. Manza. “A Study of Eye Tracking Technology and Its Applications.” Proceedings – 1st International Conference on Intelligent Systems and Information Management, ICISIM 2017 2017-Janua (2017): 86–90. https://doi.org/10.1109/ICISIM.2017.8122153. [7] Ahram, Tareq Z., and Christianne Soares Falcão. “Visual Attention and Recall in Website Advertisements: An Eye Tracking Study.” Advances in Intelligent Systems and Computing 607 (2018): 1–15. https://doi.org/10.1007/978-3-319-60492-3. [8] Resnick, Marc, and William Albert. “The Impact of Advertising Location and User Task on the Emergence of Banner Ad Blindness: An Eye-Tracking Study.” International Journal of Human-Computer Interaction 30, no. 3 (2014): 206–19. https://doi.org/10.1080/10447318.2013.847762. [9] Cao, Yaqin, Qingxing Qu, Vincent G. Duffy, and Yi Ding. “Attention for Web Directory Advertisements: A Top-Down or Bottom-Up Process?” International Journal of Human-Computer Interaction 35, no. 1 (2019): 89–98. https://doi.org/10.1080/10447318.2018.1432162. [10] Resnick, Marc, and William Albert. “The Impact of Advertising Location and User Task on the Emergence of Banner Ad Blindness: An Eye-Tracking Study.” International Journal of Human-Computer Interaction 30, no. 3 (2014): 206–19. https://doi.org/10.1080/10447318.2013.847762. [11] Lapa, C. (2007). Using eye tracking to understand banner blindness and improve website design (Unpublished master’s thesis). Golisano College of Computing and Information Sciences, Rochester Institute of Technology, Rochester, NY. Retrieved from https://ritdml.rit.edu/handle/1850/4768 [12] Tangmanee, Chatpong. “Relationships among Two Visual Attentions and Fixation Duration on an Ad Banner: An Exploration through Eye-Tracking on YouTube.” Journal of Global Business Issues 7, no. 1 (2013): 1–6. http://search.ebscohost.com/login.aspx?direct=true&db=bth&AN=91814134&site=e host-live. [13] Rieger, Diana, Franzisca Bartz, and Gary Bente. 2015. „Re-integrating the Ad. Effects of Context Congruency Banner Advertising in Hybrid Media.“ Journal of Media Psychology 27 (2): 64–77. doi: 10.1027/1864-1105/a000131 [14] Madleňák, Radovan, Eva Kianičková, Radovan Madleňák, and E Kianičková. “ADVERTISING EMAILS OPTIMISATION BY EYTRACKING ADVERTISING EMAILS OPTIMISATION BY EYTRACKING.” Marketing Identity, 2016, 186–94. [15] Monica, Èšichindelean Beca, Cetina Iuliana, and Èšichindelean Mihai. “Studying the User Experience in Online Banking Services: An Eye-Tracking Application.” Studies in Business and Economics 14, no. 2 (2019): 193–208. https://doi.org/10.2478/sbe- 2019-0034. [16] Djamasbi, Soussan, Marisa Siegel, Tom Tullis, and Rui Dai. “Efficiency, Trust, and Visual Appeal: Usability Testing through Eye Tracking.” Proceedings of the Annual Hawaii International Conference on System Sciences, 2010, 1–10. https://doi.org/10.1109/HICSS.2010.171. [17] Shi, Savannah Wei, Michel Wedel, and F. G.M. Rik Pieters. “Information Acquisition during Online Decision Making: A Model-Based Exploration Using Eye-Tracking Data.” Management Science 59, no. 5 (2013): 1009–26. https://doi.org/10.1287/mnsc.1120.1625. [18] Sheng, Hong, Nick S. Lockwood, and Sirjana Dahal. “Eyes Don’t Lie: Understanding Users’ First Impressions on Websites Using Eye Tracking,” 2013, 635–41. https://doi.org/10.1007/978-3-642-39209-2_71. 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