Stell dir vor, du könntest besondere Momente für alle Ewigkeit festhalten. Diesen etwas verrückten Gedanken hat das Hamburger Start-Up foreverontheblockchain (im Folgenden forever genannt) nun Wirklichkeit werden lassen. Über ein einfach zu bedienendes Webinterface bietet das Software-as-Service-Start-Up seinen Kundinnen und Kunden die Möglichkeit, ganz besondere Momente in Bild-und Textform für alle Ewigkeit in der Blockchain abzuspeichern.
Neben der Speicherung in einer der sichersten Datenbanken der Welt erhalten die Kundinnen und Kunden ein umfangreiches Social Media Paket sowie ein Zertifikat mit QR-Code, mittels dessen sie ihren Eintrag direkt “on chain” wiederfinden und darstellen können.
Das Unternehmen forever bietet seinen Kunden zwei Produktvarianten an: Der Nutzer kann einen Eintrag in die Ethereum-Blockchain oder eine Nachricht in die Bitcoin-Blockchain schreiben lassen. Beide Varianten werden in physischer und digitaler Form angeboten, dadurch entstehen auch unterschiedliche Produktpreise. Die Themenfelder der unsterblichen Nachrichten umfassen die Bereiche Hochzeit, Geburt, Geburtstag und Freundschaft. In der nachfolgenden Abbildung ist ein Beispiel zu einem Liebes-Eintrag in der Blockchain inklusive Bild, Text und individuellem Hashwert zum Abruf dargestellt.
Die Hauptzielgruppe orientiert sich an den genannten Themenfeldern, jedoch ist bislang noch unklar, wer die potenziellen Kunden sind, da das Unternehmen den überwiegenden Anteil der Projektzeit noch nicht am Markt präsent war. Der Live-Gang erfolgte Mitte Januar 2021, pünktlich zum Jahresbeginn.
Was war die Projektaufgabe?
Aufgabe des Projektteams war es, das Start-Up bei der Konzeption und Umsetzung einer Online-Marketing-Strategie (B2C- und B2B-Zielgruppen) für den Valentinstag proaktiv zu unterstützen. In einem ersten Schritt wurden dafür Wettbewerbs-und Zielgruppenanalysen durchgeführt sowie Projektziele und zugehörige KPIs definiert.
Diese bildeten die Grundlage für die Auswahl der Marketing-Maßnahmen, die im Rahmen des Valentinstages 2021 durchgeführt werden sollten. Das Projektteam hat sich final für drei verschiedene „Marketing-Säulen“ entschieden.
Auswahl der Marketing-Maßnahmen
Zum einen wurde Influencer-Marketing auf der Social-Media Plattform Instagram ausgewählt. Diese Auswahl kann wie folgt begründet werden: Zunächst wurde die Hypothese aufgestellt, dass ein Großteil der Zielgruppe von forever Social-Media-affin ist und sich dort hinsichtlich Geschenkideen für den Valentinstag inspirieren lässt (Beginn der Customer Journey). Darüber hinaus ist Influencer-Marketing gut eignet, um das Projektziel „Viralität erzeugen“ zu erreichen. Social-Media allgemein bzw. die Plattform Instagram bietet eine geeignete Möglichkeit, Reichweite zu generieren.[1] Im Influencer-Case wird sich erhofft, unsterbliche Nachrichten von Influencern sowie Endkunden auf dem eigenen Account reposten zu können und so einen Schneeball- bzw. Reichweiteneffekt zu erreichen.
Die zweite Marketing-Säule bilden B2B-Kooperationen. Kooperationen wurden zum einen deswegen ausgewählt, weil von Unternehmensseite aus der Wunsch nach dem Aufbau weiterer B2B-Partner geäußert wurde. Zum anderen können somit bereits bestehende Kundenpools angesprochen werden und das Produkt von forever als Add-On (via API-Schnittstelle) inszeniert werden. Zudem kann hier basierend auf dem Erlösmodell „Provision“ auf eine relativ risikoarme Vergütungsmöglichkeit gesetzt werden. Die Vergütung des Influencers sowie des Kooperationspartners muss nur im Erfolgsfall geleistet werden. Anfangskosten entstehen bis auf den Zeiteinsatz für die jeweiligen Marketing-Konzepte keine.
Affiliate Marketing als dritter Marketing-Kanal wurde im Hinblick auf eine geeignete Vergütungsmöglichkeit der Influencer sowie Kooperationspartner ausgewählt. Außerdem besteht die Möglichkeit, mit Hilfe eines Affiliate-Netzwerkes weitere Kooperationspartner bzw. Publisher zu gewinnen.
Um das Produkt und die Ansprache zunächst zu testen, war im Laufe des Dezembers ein Test mit ausgewählten Instanzen (unterschiedliche Influencer, Kooperationspartner) geplant. Dadurch sollte unmittelbares Feedback aus dem Markt gewonnen und darauf basierend das Konzept optimiert werden. Leider konnte dieser Test nicht stattfinden, weil die Website-Anpassungen von forever noch nicht final abgeschlossen waren. Stattdessen erfolgten kleinere Tests im privaten Bekanntenkreis jedes Teammitglieds.
Ablauf Influencer-Marketing
In der „Säule Influencer-Marketing“ galt es zunächst passende Influencer zu identifizieren. Dafür wurden verschiedene objektive (z. B. Engagement-Rate mit Hilfe von Social Blade) und subjektive (z. B. Qualität der Influencer-Beiträge) Kriterien festgelegt. Danach erfolgte eine manuelle Recherche (z. B. über Hashtags) sowie die Nutzung von Influencer-Tools (z. B. Yimify) zur Identifikation der Influencer.
Als Ergebnis ist eine Liste mit 161 Influencern entstanden, die es in den nächsten Schritten zu kontaktieren galt. Bevor mit der Kontaktaufnahme begonnen wurde, war es wichtig zu definieren, wie die Kooperation aussehen sollte. Im Falle einer Zusage sollten den Followern Rabatte in Höhe von 25% auf den Kauf einer ewigen Nachricht erlassen werden. Der Influencer erhält als Affiliate-Partner pro Kauf eine Provision, die je nach gekauftem Produkt drei bis zehn Euro beträgt. So wird für beide Seiten ein Mehrwert garantiert. Der Influencer muss dafür lediglich einen Post und einen Story-Post auf Instagram verfassen, der den individualisierten 25%-Rabattcode für seine Follower enthält. Die Gestaltung des Posts soll dabei dem Influencer überlassen werden, um Authentizität und Glaubwürdigkeit zu gewährleisten. All diese Informationen wurden sorgfältig in jeweils einem Pitch für die unterschiedlichen Micro-Influencer zusammengefasst, um dem potenziellen Influencer möglichst schnell und einfach das Produkt und die Kooperation näher zu bringen.
Im nächsten Schritt wurde ein Ablaufplan der Influencer-Kontaktaufnahme erstellt und für die verschiedenen möglichen Szenarien, die eintreten können, das weitere Vorgehen definiert. Dafür wurde mit dem Tool Miro gearbeitet, mit dem sich solche Abläufe in Form eines virtuellen Boards visualisieren lassen. Sobald der Influencer auf eine Kontaktanfrage geantwortet hat, wurde die weitere Kommunikation vom Ansprechpartner von foreverontheblockchain übernommen. Für die Fälle des Nicht-Öffnens der Mail, „Mail geöffnet“ und „Mail geöffnet und Klick auf Link“ wurde festgelegt, dass maximal 2 Erinnerungsmails verschickt werden sollten. Bei Eintritt des Case „hat Mail geöffnet und den Rabattcode genutzt“ sollte eine Mail mit Fokus auf das Erfassen der Customer Journey und einer Nachfrage zur Kooperation folgen. Wenn die Mail nicht ankam oder die E-Mail-Adresse nicht auffindbar war, wurden die Influencer per Direct Message auf Instagram angeschrieben.
Auf Basis dieses Ablaufplans konnten die E-Mails erstellt werden. Für den Erstkontakt wurden die Anschreiben für jeden Influencer individualisiert angefertigt und Beispielmomente aus dessen Profilen genannt, die Sie verewigen könnten. Die Erinnerungsmails wurden nicht individualisiert, enthielten aber noch einmal den Pitch und den Gutschein-Code. Anhand der letzten Erinnerungsmail versuchte das Projektteam mit der 1-2-3-Methode[2] wertvolles Feedback einzuholen, um nachvollziehen zu können, warum die Zusammenarbeit nicht zustande kommen konnte.
Vorgehensweise B2B-Kooperationen
Auch bei den B2B-Kooperationen erfolgte zunächst eine manuelle Recherche hinsichtlich möglicher Kooperationspartner. Bei der Suche wurde sich zunächst auf Branchen fokussiert, die im engsten Sinne etwas mit Liebe, Zuneigung und Geschenken zum Valentinstag zu tun haben. Im weiteren Verlauf kamen die Branchen Sportfotografie und Fotografie-Webshops hinzu. Zusätzlich sollten es im besten Falle Produkte sein, bei denen sich die Dienstleistung von forever als Add-On im Kaufprozess (via API-Schnittstelle) eignet. Zudem wurde mit Hilfe der Plattform SimilarWeb der monatliche Website-Traffic untersucht und somit die Reichweite der potenziellen Partner ermittelt, welche ein weiteres Auswahlkriterium bildete.
Anschließend wurden für jeden Kooperationspartner individuelle Pitches erstellt. Das Ziel dieses Pitches war es, dem potenziellen Kooperationspartner eine Zusammenarbeit näher zu bringen und ihn schließlich von einer Kontaktaufnahme mit forever zu überzeugen. Der Aufbau gestaltete sich daher wie folgt:
- Teil: Individuelle Ansprache und Darstellung eines möglichen Kooperationsablaufes
- Teil: Vorteile für Kooperationspartner (Provision pro Sale, Add-On Möglichkeit für eigenen Shop zur Wettbewerbsdifferenzierung, Reichweitengenerierung via Social Media) + USP
- Teil: Vorstellung der Produktvarianten von forever (Preis, Bestandteile, etc.)
- Teil: Vorstellung forever-Team
Im nächsten Schritt wurden verschiedene Kontakt-Informationen (E-Mail, LinkedIn-Adresse, Telefon-Nummer, etc.) der Ansprechpartner recherchiert, an die die Pitches via E-Mail versendet werden sollten. Um einen einheitlichen Pool an Kundendaten aufzubereiten, der später für Nachfassaktivitäten auch von der Sales-Abteilung von forever genutzt werden kann, wurden die Kontaktdaten in das CRM-System HubSpot eingefügt.
Alle Kontakte erhielten Anfangs den Status „Lead“, der je nach Fortgang des „Lead-Nurturing“ in weitere Bezeichnungen „Opportunity“ (wenn potenzieller Partner Interesse an dem Service von forever geäußert hat) und „Deal“ (wenn bereits eine Kooperation zu Stande gekommen ist) geändert werden konnte. Bereits ab dem Status „Opportunity“ wurde der Kontakt an die Sales-Abteilung von forever übergeben und es erfolgten weitere Vertriebsmaßnahmen mit dem Ziel, eine Kooperation zu erwirken („Lead Nurturing“).
Jeder Kontakt durchlief anschließend einen E-Mail-Vertriebs-Funnel. Dieser bestand aus insgesamt 4 E-Mails, die im Abstand von jeweils 4 Tagen versandt wurden. Die erste E-Mail enthielt ein Anschreiben sowie einen Link zur Website von forever und dem Pitch. Mit Hilfe des HubSpot-Trackings konnte nachvollzogen werden, ob die Links geklickt und zudem auch geöffnet wurden. Die beiden weiteren E-Mails waren Erinnerungsmails und die letzte analog zum Influencer-Konzept eine Bitte um Feedback, warum es zu keiner Rückantwort kam.
Vorgehen Affiliate-Marketing
Im Bereich Affiliate-Marketing musste zunächst entschieden werden, wie das Tracking der Verkäufe sowie die Vergütung abgewickelt werden. Dabei wurden die beiden Möglichkeiten Service und Make identifiziert und gegeneinander abgewogen. „Service“ meint in diesem Fall die Nutzung eines Affiliate-Netzwerkes (z. B. AWIN). „Make“ bezeichnet die klassische „Inhouse-Variante“. Nach einer Gegenüberstellung der Vor-und Nachteile wurde sich für eine Service-Variante via Affiliate-Netzwerk entschieden. Ausschlaggebende Gründe waren vor allem die mangelnde Transparenz eines Inhouse-Trackings für die Publisher, nötige Personalkapazitäten zur Abwicklung der Inhouse-Variante sowie der attraktiven Aussicht mit Hilfe eines bestehenden Netzwerkes auf eine Vielzahl von Publisher zugreifen zu können.
Die Entscheidung, welches Affiliate-Programm am besten passt, wurde mit Hilfe eines Scoring-Modells getroffen. Die Kriterien wurden dabei in kostenseitig (Höhe der Netzwerk-Provision) sowie serviceseitig (z. B. Anzahl Publisher) unterteilt. Am Ende wurde sich für den Anbieter ADCELL entschieden. Die darauf folgende Einrichtung des ADCELL-Accounts musste leider auf Grund nicht näher ausgeführter Gründe im weiteren Verlauf abgebrochen werden. Daher wurde stattdessen das Netzwerk TradeTracker ausgewählt. Eine Einrichtung dieses Programms erfolgte jedoch in Anbetracht der Zeitknappheit nicht mehr. Für das Projekt bedeutet dies, dass kurzfristig zur korrekten Provisionszurechnung kurzfristig eine Inhouse-Tracking Variante genutzt werden musste.
Ausblick
Auch wenn nicht alle Projektziele erreicht werden konnten, kann das Projekt nach durchgeführter Erfolgskontrolle für forever und das Projektteam dennoch als „kleiner Erfolg“ verzeichnet werden. Dies liegt zum einen an den sich anbahnenden B2B Kooperationen. Da sich B2B-Verhandlungsprozesse nicht selten über ein paar Monate ziehen, kann hier in nächster Zeit mit Sicherheit noch der ein oder andere Kooperationspartner gewonnen werden. Während der Projektzeit ist allerdings schon eine Kooperation zustande gekommen: der Marktführer physischer Liebesschlösser in Deutschland (die Liebesschloss-Factory) wird den Service von foreverontheblockchain als Add-On im Kaufprozess auf seinem Online-Shop als Add-On integrieren und die Blockchain-Dienstleistung via Direct Mail bei seinen Bestandskunden bewerben.
Darüber hinaus gab es sowohl von einigen der kontaktierten Influencern als auch von potenziellen B2B-Kooperationspartnern wertvolles Feedback. Es kristallisierte sich heraus, dass von vielen das Produkt von forever nicht ausreichend verstanden wurde. Dem kann zukünftig zum einen durch das Testen weiterer Erklärformate (z. B. animiertes 2D-motion-Video) entgegengewirkt werden. Zum anderen könnten weitere Zielgruppen (insbesondere blockchain-affine Menschen) angesprochen werden, die den Sinn des Produktes vermutlich eher verstehen. Darüber hinaus wurde einigen auch der Mehrwert (gegenüber Social Media Plattformen) nicht klar. Hier könnten die Mehrwerte des forever-Produkts in Form von präzisen Bullet Points auf der Homepage noch schärfer kommuniziert werden.
Im Bereich des Affiliate-Marketings sollte zunächst analog zum damaligen Auftritt in ADCELL ein Publisher-freundlicher Programmauftritt (attraktive Sales Provision, Werbematerial etc.) realisiert werden. Darauf aufbauend gilt es in enger Zusammenarbeit mit dem Key Account Manager auf Trade Tracker die passenden Publisher (Blogger, Microsites, Medienwebsites etc.) zu identifizieren und von einer Zusammenarbeit mit forever zu überzeugen.
Weitere Infos zum Unternehmen foreverontheblockchain und dessen Dienstleistung gibt’s unter folgendem Link:
https://www.foreverontheblockchain.com/
[1] www.theshelf.com/the-blog/2015/3/17/influencer-marketing-is-the-new-king-of-content
[2] Vgl. https://www.getvero.com/resources/1-2-3-method/ (Abruf: 26.02.2021)