Die Online Marketing Landschaft ist extrem schnelllebig. Ständig entstehen und verschwinden Netzwerke, Konzepte oder Dienste, welche Unternehmen durch Trends und Innovationen immer neuere und raffiniertere Marketingstrategien abfordern. Auch der Bereich Social Media ist hier keine Ausnahme, sondern eher ein Vorzeigebeispiel.
Zwar hat sich Facebook mittlerweile hinsichtlich Nutzerzahlen und Datenfülle als „das soziale Netzwerk“ etabliert, das bedeutet jedoch nicht, dass man sich auf dem Verfassen seiner Fanpage Posts oder Schalten von Display Ads ausruhen sollte. Soziale Medien stellen heutzutage nämlich für viele Unternehmen bereits einen unerlässlichen Marketingkanal dar und bieten weitaus mehr als stumpfes Direktmarketing. Das verraten uns nicht nur die Aufstockungen der Social Media Budgets im Vergleich zu Vorjahreszahlen, sondern auch die Anforderungen, die Nutzer an Unternehmenspräsenzen innerhalb sozialer Netzwerke haben. Wo Bedarf ist, gibt es auch einen Markt, also müssen die Kunden dort abgeholt werden, wo sie sich befinden. Durch die verschiedenen sozialen Netzwerke kann man vertiefend analysieren in welcher Situation sich die jeweiligen Kunden befindet und daraus die Form Kaufbereitschaft oder Absicht abgeleitet werden. Das funktioniert grade durch den direkten, beidseitigen Dialog besonders effizient, was in anderen Kanälen, wie Print oder TV, ohne weiteres nicht möglich ist. Die jüngste grafische Interpretation des Social Media Umfelds, The Conversation Prism von Brian Solis und JESS3, schlüsselt auf, wie vielfältig die sozialen Medien geworden sind.
Aber was macht Social Media als Marketingkanal so lukrativ? Statistisch gesehen erwarten Kunden eine ganze Menge von ihren Unternehmen in den sozialen Netzwerken. Vereinfacht betrachtet lassen sich für eine Erfolgreiche Social Media Strategie drei übergeordnete Ziele ableiten: Brand Awareness, CRM und Feedback. Nicht ohne Grund stehen Sie („You“) mittlerweile als Onlinemarketing Experte im Zentrum der sozialen Medien. Sie tragen die Verantwortung, Ihre Unternehmenswerte adäquat und zielgruppengerecht in den sozialen Medien zu vertreten. Dass das nicht immer einfach ist oder sich pauschalisieren lässt, ist klar. Im folgenden werde ich daher exemplarisch auf einige wichtige Trends oder neue Strategien in den populären sozialen Netzwerken eingehen.
Facebook (Mobile App Install Ads)
Facebook bietet auf der eigenen Plattform umfangreiche Formen des Advertisings an. Der große Vorteil gegenüber den anderen Netzwerken ist hier die enorme Datenfülle, die Facebook zu bieten hat, und die sich daraus ableitenden verschiedenen Formen des Targetings. Verschiedene Formen von Ads lassen sich auf bestimmte demographische Zielgruppen oder Interessensgruppen aussteuern, um somit den Streuverlust zu verringern und die Performance zu erhöhen. Für die Bewerbung mobiler Applikationen bietet Facebook seit Ende 2012 darüber hinaus die Mobile App Install Ads, welche ausschließlich auf mobilen Endgeräten ausgestrahlt werden und direkt mit der entsprechenden Distributionsplattform wie z.B. den Apple App Store oder Google Play Store verbunden sind. Somit werden die Nutzer direkt aus der Facebook App heraus zur Detailseite der entsprechend beworbenen App geführt. Facebooks mobile Nutzung ist mit 68% verhältnismäßig hoch, daher bieten die Mobile App Install Ads auf Facebook eine potentiell große Zielgruppe.
Eine von Adparlor erhobene Studie, über ein nicht namentlich genanntes Rollenspiel, welches für iOS Geräte beworben wurde, gibt Auskunft über die Kennzahlen einer vergleichbaren Mobile App Install Ad Kampagne: So konnte weltweit ein CPI von unter 3 USD erzielt werden (im Schnitt 1,73 USD), der aus einem durchschnittlichen CPC von 0.45 USD bzw. einer CVR von 26% resultiert. Die Zahlen verdeutlichen, welches Potential in dieser Werbeform schlummert und wie sich Conversions durch Reduktion auf einen Marketing Trigger und den direkten Lead zur App hebeln lassen. Durch Ansätze der Plattform Integrität, wie es bei Facebook der Fall ist, können wertvolle Klicks effizienter in entsprechende Installs oder Leads konvertiert werden. Ein vergleichbares Ziel stellen die Facebook Engagement Ads dar, welche an dieser Stelle nicht weiter ausführlich erläutert werden.
Twitter (Lead Generation Cards)
Der Kurznachrichtendienst Twitter lässt sich neben der effizienten Ergänzung des eigenen CRMs auch für verschiedene Formen des Advertisings einsetzen. Mangels vergleichbarer Datenbestände wie bei Facebook, die in der Regel durch die Nutzer selber gepflegt werden, funktioniert das Targeting bei Twitter etwas anders: Nach dem Schema des Keyword Targetings werden Nutzern Interessensgebiete nach ihren eigenen Inhalten zugeordnet. Twittert ein Nutzer also Inhalte mit bestimmten Keywords, erhält er die entsprechenden Ads, die sich auf seine Keywords beziehen, in seinem Newsstream angezeigt.
Die neuste Entwicklung im Twitter Advertising sind die Lead Generation Cards, welche auf den Twitter Cards aufbauen bzw. dieses Konzept kommerzialisieren. Die Angebote werden mit einem visuellen Trigger und einer Call to Action beworben. Beispielsweise können somit Coupons mit einhergehender Newsletter Registrierung beworben werden. Durch die nahtlose Integration mit dem Twitter-Client werden etwaige Formulare bereits mit E-mail Adresse oder Benutzername ausgefüllt, wodurch der Nutzer Twitter nicht verlassen muss, um das Angebot wahrzunehmen. Auch an dieser Stelle kann die Integration in die bestehende Plattform förderlich für die Conversions sein, was sich mangels statistischer Kennzahlen jedoch noch nicht belegen lässt.
Pinterest (Rich Media Pins)
Als vergleichsweise junges Netzwerk und ohne Formen von direktem Advertising ist Pinterest eine Herausforderung für konzeptionelles Onlinemarketing. Pinterest setzt voraus, dass sich Unternehmen an einem übergeordneten Verhaltenskodex orientieren und nicht stumpf das gesamte eigene Produktreportoire auf die Plattform übertragen.
Das ist aber eigentlich auch gar nicht nötig, denn Pinterest bietet mit den Rich Pins eine integrierte Datenbasis in Echtzeit, die sich für den E-Commerce Bereich besonders eignet. Die seit Mai 2013 verfügbaren „Rich Pins“ erweitern Pinterest um eine interessante Funktionalität für die inhaltliche Ergänzung von 3 Arten von Pins. Für den E-Commerce Bereich sind die Produkt Pins am relevantesten, welche, sofern sie von einem Onlineshop gepinnt wurden, Informationen wie z.B. Preise und Verfügbarkeit anzeigen. Durch die fließende visuelle Integration werden dem Nutzer die für den Kauf relevanten Informationen dargestellt, ohne ihn dabei zum Kauf zu zwingen. Neben den Product Pins können noch gepinnte Rezepte oder Filme durch entsprechenden Daten verfeinert werden. Da Pinterest von Haus aus ein übersichtliches Tool zum analyisieren und auswerten der eigenen Pins für Unternehmen bietet, kann die Schnittstelle zum eigenen Onlineshop zyklisch überarbeitet werden und die Verbreitung der eigenen Produkte im Netzwerk so mitverfolgt werden.
Instagram (Multichannel Marketing Konzept)
Einen interessanten Ansatz hat das Victoria’s Secret zugehörige Label „Pink“ auf dem eigenen Instagram Profil verfolgt: Neben Produkten aus dem Sortiment, mit Shoplink, werden zudem auch ausstehende Veranstaltungen oder kurzfristige Preisaktionen für den Stationär- und Onlinehandel beworben: Im Februar 2013 wurde auf dem Instagram Profil ein Werbemittel mit 20% Rabatt Aktion für ausgewählte Kleidungsstücke gepostet. Die Aktion war hinsichtlich Terminierung auf einen Tag begrenzt. Da Instagram in erster Linie auf mobilen Endgeräten genutzt wird, wurde durch den erzeugten Kaufimpuls ein direkter Bezug zu den Filialen hergestellt, in welchen die Kunden die Aktion in Anspruch nehmen konnten. Um den Rabatt im stationären Handel einzulösen genügte das Vorzeigen des Werbemittels aus der Instagram App heraus, für den Onlineshop reichte ein klassischer Rabattcode. Somit wurde Instagram als Distributionsplattform für einen Mobile Coupon in der Zielgruppe Bestandskunden bzw. Fans umfunktioniert, ohne dabei zusätzliche Budgets zu erfordern.
Klout (Product Activation)
Der 2008 gegründete Dienst Klout hat es sich zum Ziel gemacht, sozialen Einfluss als „Influence“ in eine sinnvolle Metrik einzuordnen. Seitdem ist der Begriff Social Influence in aller Munde. Klout findet von Unternehmensseite aus nicht nur für die Personalrekrutierung einsatz, sondern kann auch für Product Activation, also die Bekanntheitssteigerung bzw. Etablierung neuer Produkte sinnvoll eingesetzt werden.
Aufbauend auf diesem Konzept bietet Klout Unternehmen an, sich mit besonders einflussreichen Nutzern einer bestimmten Zielgruppe über sogenannte „Perks“ zu verbinden. Perks sind von Unternehmensseite erstellte Angebote, welche Nutzern, mit einer bestimmten Klout-Score, exklusiv bereitgestellt werden. Zur Einführung des neuen „Chevy Volt“ hat Chevrolet ausgewählten Nutzern Testwagen für ein verlängertes Wochenende bereitgestellt. Kriterium für die Auswahl war eine entsprechend hohe Klout-Score. Durch die Auswahl besonders Einflussreicher Nutzer konnte Chevrolet somit eine virale Marketingkampagne initiieren, die sich, auf den Einfluss in sozialen Netzwerken gerechnet, enorm multiplizierte. Aus den 2.200 in Anspruch genommenen Testfahrten der einflussreichen Klout Benutzer wurden über verschiedene soziale Netzwerke insgesamt 52.418 Posts verfasst, die eine potenzielle Zielgruppe von fast 100 Millionen Nutzern erreichten. Diese Zahlen verduetlichen, wie einflussreiche Nutzer im Social Web effizient als Multiplikator für virale Verbreitung genutzt werden können.
Zusammenfassung & Ausblick
Die Trends innerhalb der verschiedenen Netzwerke gehen zunehmend in die richtung Usability optimiertes Advertising. Durch Plattform integrierte Ansätze werden dem Nutzern zunehmend ausschweifende Klickpfade oder vergleichbare Umwege abgenommen, die der Conversion enorm zugute kommen. Dadurch grenzen sich die sozialen Netzwerke von anderen Onlinemarketing Kanälen ab und beweisen, dass Marketing nicht immer nur frontal und einseitig funktionieren muss. Die sozialen Medien haben hinsichtlich ihrer Entwicklung jedoch noch keinen Klimax erreicht. Obwohl sich einige große Netzwerke bereits etabliert haben, entstehen ständig neue Funktionen oder auch Netzwerke. Pinterest und Instagram, hinter welchen sich noch kein Geschäftsmodell wie bei Facebook verbirgt, können durch die Entwicklung eigener, neuer Formate des Advertisings in der Zukunft Marktanteile gewinnen. Die von Facebook kürzlich vorgestellte Funktion Graph Search, welche eine semantische Suchmaschine darstellt und derzeit als Beta getestet wird, kann, in Bezug auf die Verbreitung von Facebook, einen ernsthaften Konkurrenten im Feld der Suchmaschinen darstellen.
Dieser Artikel bezieht sich auf die Seminararbeit „Aktuelle Entwicklungen im Social Media Marketing“, welche zur Vertiefung hier betrachtet werden kann.