Predictive Behavioral Targeting ist aktuell wie auch in den letzten Jahren ein immer wieder heiß gehandeltes Thema innerhalb des Online Marketings. Die Werbeindustrie verspricht auf der einen Seite eine neue Dimension der Zielgruppenansprache. Die Werbetreibenden erhoffen sich daher nun möglichst alle potenziellen Kunden im Internet aufzuspüren und ansprechen zu können. Auf der anderen Seite erhoffen sich die Vermarkter durch Predictive Behavioral Targeting eine optimale und möglichst effiziente Auslastung ihrer Werbeflächen.
Doch was steckt nun wirklich hinter Predictive Behavioral Targeting? – Eins steht fest, Predictive Behavioral Targeting versucht die angeblich bereits von Henry Ford aufgestellte Frage nach dem effizienten Einsatz von Werbebudgets nachzukommen. Henry Ford soll gesagt haben, dass die Hälfte des eingesetzten Werbebudgets herausgeworfenes Geld sei, man wisse nur nicht welche Hälfte. Seit dem Beginn des Online Marketings wird versucht durch Targeting Werbemaßnahmen effizient auszusteuern. Dabei steht Targeting laut dem BVDW für die zielgerichtete und automatisierte Ausstrahlung von Werbemitteln anhand verschiedener Kriterien. In den letzten Jahren haben sich verschiedene Verfahren entwickelt, die im Online Marketing zum Einsatz kommen, z.B. folgende:
- Geo-Targeting
- Soziodemographisches Targeting
- Technisches Targeting
- Contextual Targeting
- Retargeting
Eine Kombination unterschiedlicher Targeting Verfahren ist möglich und wird oft angewendet. Diese Verfahren unterstehen in der Praxis einer ständigen Weiterentwicklung und Optimierung, wodurch unter anderem auch das Predictive Behavioral Targeting entstanden ist.
Was ist Predictive Behavioral Targeting nun genau? – Laut dem BVDW ist Behavioral Targeting die Auslieferung digitaler Werbung basierend auf dem vergangenen Surfverhalten eines Users. Damit wird das Ziel verfolgt User anzusprechen, die aufgrund ihres Surfverhaltens eine erhöhte Wahrscheinlichkeit aufweisen das Produkt eines Unternehmens zu kaufen oder eine vorher definierte Aktion auszuführen (z.B. Bannerklick). Um das Behavioral Targeting effizient ausführen zu können, werden User anhand des Surfverhaltens in Segmente oder Profilgruppen eingeteilt. Unternehmen wie nugg.ad oder Audience Science bieten hier vordefinierte Zielgruppen an. Die Abbildung zeigt einige der definierten Zielgruppen von nugg.ad.
Allerdings besteht die Möglichkeit je nach Ziel eines werbetreibenden Unternehmens individuelle Segmente anzulegen, die bei Bedarf auch auf Einzeluserebene heruntergebrochen werden können.
Wie können Unternehmen wie nugg.ad oder Audience Science Informationen über das Surfverhalten eines Großteils der User herausfinden? – In der Regel wird die Datenerhebung in explizite und implizite Erhebung unterschieden. Bei der expliziten Erhebung werden z.B. Fragebögen genutzt, wo User Informationen direkt angeben können. Bei der impliziten Erhebung wird durch die Integration eines Pixels z.B. von nugg.ad das Surfverhalten analysiert ohne, dass der User das direkt mitbekommt. Merkmale des Surfverhaltens können z.B. folgende sein:
- Thema der besuchten Webseiten
- Aufenthaltsdauer
- Klickverhalten
- Aktualität
- Frequenz
Auf Basis dieser Erkenntnisse über das Surfverhaltens werden homogene User in heterogene Gruppe eingeteilt, um diese entsprechend ihres Surfverhaltens mit Werbung anzusprechen.
Was unterscheidet aber Behavioral Targeting von Predictive Behavioral Targeting? – Beim Predictive Behavioral Targeting wird ebenso digitale Werbung an Nutzergruppen ausgespielt. Allerdings wird aufgrund des Surfverhaltens eines Users mithilfe von statistischen Prognoseverfahren diesem User weitere Merkmale zugeschrieben. Diese Merkmale können z.B. aus externe Quellen stammen. Das wird häufig durch einen nicht öffentlich zugänglichen Algorithmus berechnet und die Anbieter entsprechender Verfahren haben jeweils unterschiedliche Auffassungen über die optimale Lösung. Dabei können einem User der starke Ähnlichkeit mit einem weiteren User aufweist die Merkmale des anderen Users zugeschrieben werden. In der Abbildung ist dieses Verfahren zu erkennen.
In der Abbildung ist zu erkennen, dass User A und User F sehr ähnlich sind. Bei dem User F fehlen allerdings Merkmale F, G, und H, die können dann diesem User aufgrund der Merkmale bei User A zugeschrieben werden. So können weitere User mit entsprechender Werbung angesprochen werden, die ebenfalls in bestimmte Profilgruppen passen. Das Unternehmen nugg.ad führt Predictive Behavioral Targeting nach folgendem Verfahren durch.
Im Display Advertising kann Predictive Behavioral Targeting aktuell in Kombination mit Realtime Bidding durchgeführt werden und auf eine neue Ebene gesetzt werden. Durch das neue Verfahren Realtime Bidding besteht nun die Möglichkeit auf Einzeluserebene Werbebanner an User aufgrund ihres Surfverhaltens oder die Eingruppierung in ein Segment auszuspielen. Zusätzlich können jetzt durch die Echtzeitanalyse der Cookies vor der Werbemittelausstrahlung auch Aktionen, die unmittelbar zuvor stattgefunden haben, in den Predictive Behavioral Targeting Algorithmus mit einbezogen werden. Hier bietet z.B. das Unternehmen Rocket Fuel, das vor kurzem in den deutschen Markt eingestiegen ist, eine entsprechende Lösung an. Rocket Fuel versucht durch einen Algorithmus die User anzusprechen, bei denen die Wahrscheinlichkeit eines Kaufs höher ist als bei anderen Usern.
Besonders der Punkt der Echtzeitoptimierung hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Hierbei ist es mittlerweile möglich auch externe Echtzeitdaten in den Predictive Behavioral Targeting Algorithmus einzubeziehen. So kann beispielsweise das Wetter bei der Entscheidung über Käufe des User eine Rolle spielen. Deswegen ist es jetzt möglich basierend auf dem vergangenen Verhalten von Usergruppen bei schlechtem Wetter entsprechende Banner anzuzeigen oder eine Ansprache mit Werbemaßnahmen komplett zu unterlassen. Das Unternehmen ASMI bietet aktuell ein entsprechendes Wettertargeting in Kombination mit nugg.ad an. Die Abbildung zeigt beispielhaft die Ausstrahlung von Bannern.
Dieser Bereich der Analyse von externe Daten und der Echtzeiteinbeziehung in die Werbemittelauslieferung wird sich in den nächsten Jahren noch weiter entwickeln. Zusätzlich werden auch noch weitere Entwicklungen bezüglich der Datenquellen und der Datenqualität stattfinden. So ist denkbar, dass bestimmte Datenallianzen entstehen könnten, sodass z.B. alle Kunden von Unternehmen A durch das Unternehmen B angesprochen werden können. Besonders innerhalb von Unternehmensgruppen ist das ein interessanter Ansatz. Dabei spielt jedoch der Datenschutz und die Frage wessen Eigentum die erhobenen Daten sind eine entscheidende Rolle. Auch hier sind in Zukunft spannende Entwicklungen zu erwarten.
Predictive Behavioral Targeting ist zusammenfassend eine Möglichkeit für Werbetreibende eine kaufaffine Zielgruppe mit Werbeanzeigen zu erreichen. Jedoch muss jedes Unternehmen den Erfolg der Predictive Behavioral Targeting Maßnahmen für sich einzeln beurteilen. Dabei spielt die Gegenüberstellung der Kosten der entsprechenden Maßnahmen zu dem erreichten Zielen eine große Rolle. Auch auf Basis der erreichten Erfolgskennzahlen wird sich das Predictive Behavioral Targeting in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Bei der Entwicklung kommt dem Datenschutz eine besondere Bedeutung zu, die seitens der Werbeindustrie berücksichtigt werden muss.
Quellen:
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Kastner, Magrit (2009), Der Köder zum Mitmachen: Online Mediaplanung mit Targeting-Technologien, Hamburg: Academic-Transfer.
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