In den letzten Jahren hat der Abo-Commerce, oder auch Subscription based E-Commerce genannt, in Deutschland immer mehr an Bedeutung gewonnen und viele verschiedene Geschäftsmodelle hervorgebracht. Anfang der 2000er entstanden erste Produkt-Abonnements, die über das Internet angeboten wurden. Die Hochphase des Abo-Commerce begann aber erst ab 2011, nachdem der Trend aus den USA auch Deutschland erreichte.[1] Bis heute entstanden viele Start-Ups mit unterschiedlichsten Abonnements. Von Rasierklingen, Windeln, Kleidung, Kosmetikprodukten bis hin zu Kochboxen. Aber auch Onlineshops wie Amazon haben das Produkt-Abo für sich als Vertriebsoption entdeckt. Mittlerweile gibt es fast für jedes Produkt einen Abo-Service, die sich auch individuell an den Kundenbedürfnissen anpassen. Während einige Anbieter wie HelloFresh oder Glossybox erfolgreich am Markt agieren, gibt es aber auch immer wieder Meldungen von gescheiterten Abo-Commerce Anbietern.
Ziel dieser Arbeit ist es die Abo-Commerce Anbieterlandschaft in Deutschland zu ermitteln und vorherrschende Geschäftsmodelle und besetzte Produktkategorien zu identifizieren. Des Weiteren können anhand der besetzten Kategorien noch Marktlücken identifiziert werden. Zudem sollen Erfolgsfaktoren herausgestellt werden. Den Abschluss dieser Arbeit bilden ein Fazit sowie ein Ausblick mit Chancen für den Abo-Commerce in Deutschland.
Theoretische Grundlagen
Der Abo-Commerce beschreibt ein Geschäftsmodell bei dem der Kunde ein Abonnement abschließt. Dies lässt sich anhand des Beispiels eines Zeitungs-Abonnements veranschaulichen: Der Kunde zahlt monatlich einen festen Betrag und erhält im Gegenzug nach Vereinbarung die gewünschte Zeitung.[2]
Im digitalen Bereich verhält es sich ähnlich. Dabei ist jedoch zu unterscheiden, dass es reine Online-Abonnements gibt wie z.B. für Musik- oder Video-Streaming-Dienste und den Abo-Commerce bei dem online ein Abonnement abgeschlossen wird und die Ware offline geliefert wird.[1] Des Weiteren erhalten Kunden in regelmäßigen Zeitabständen von dem gewählten Anbieter Leistungen und müssen dafür keine zusätzliche Bestellung tätigen. Das Besondere hieran ist, dass das sich die Kundenbeziehung über einen längeren Zeitraum erstreckt als bei einem einmaligen Kauf eines Produktes.[1]
Geschäftsmodelle
Zunächst einmal ist die grundsätzliche Ausrichtung des Geschäftskonzepts zu berücksichtigen. Es gibt zum einen Abo-Commerce Anbieter, die ausschließlich Abonnements anbieten und zum anderen gibt es solche Anbieter, welche ein Abonnement als zusätzliche Vertriebsoption zum Sortiment anbieten[1] wie z.B. das Amazon Spar-Abo.[3] Des Weiteren gibt es die Unterteilung in klassische Abo-Modelle und Soft-Subscription Modelle. Beim klassischen Modell hat der Kunde keinerlei Einfluss auf Laufzeit, Lieferintervall, Produkte, etc.. Beim Soft-Subscription Modell dagegen, kann der Kunde mindestens einen Gestaltungsparameter beeinflussen.[1] [4]
Oft wird das Abo-Modell von den Händlern mit dem sogenannten Curated Shopping verbunden bei dem persönliche Präferenzen und Wünsche des Kunden berücksichtigt werden, die Ware aber dennoch nicht vom Kunden ausgewählt wird, sondern vom Anbieter.[5]
Abo-Kategorien
Es lassen sich drei Abo-Kategorien erkennen:[6]
Replenishment |
Produkte mit wiederkehrendem Bedarf | |
Überraschungsboxen | Zusammengestellte Boxen zu einem Thema oder einer Produktkategorie | |
Club-Mitgliedschaft | Zugang zu vergünstigten Artikeln |
Tabelle 1: Abo-Kategorien
Vertragsmodalitäten
Des Weiteren gibt es fünf Vertragsmodalitäten, die jedes Abonnement aufweist:
- Produktauswahl
- Lieferintervall
- Laufzeit
- Zahlungsmodalitäten
- Kündigungsmodalitäten.[1] [7]
Um das Abo schlussendliche abzuschließen benötigt es noch Zahlungsarten und Versandpartner.[1]
Vorgehen bei der Analyse
Im ersten Schritt wurden die Verzeichnisse abo-boxen.de, boxenwelt24.de und boxen-wahnsinn.de nach eventuellen Abo-Commerce Anbietern recherchiert. Daraus ergaben sich schon erste Branchenschwerpunkte. Anschließend daran wurden zusätzlich die ersten 100 Google Suchergebnisse einiger Keywords wie z.B. „Abo Box“, „Produkt Abo“ oder „Abo Lebensmittel“ nach Anbietern ausgewertet. Diese Recherche ergab insgesamt 140 Anbieter.
Die prozentuale Branchenverteilung innerhalb der insgesamt 140 Anbietern wurde dann auf die Anzahl 50 übertragen und es wurden je Verteilung, stichprobenartig, Anbieter für die Analyse gezogen.
Anschließend daran wurden diese 50 Anbieter anhand der identifizierten Vertragsmodalitäten analysiert.
Ergebnisse der Analyse
Der Bereich Lebensmittel ist mit 41% (bezogen auf alle 140 Anbieter) am stärksten vertreten und bietet viele verschiedene Ausprägungen. Von Kochboxen, über Snackboxen bis hin zu ausgewählten Gourmet-Paketen. Auch Trends wie vegane oder vegetarische Kost finden sich bei den Anbietern wieder. Darauf folgen mit 10% Lifestyle Anbieter und mit 9% Beauty Anbieter. Dennoch sind noch weitere kleinere Branchen besetzt wie ersichtlich an folgender Abbildung.
Überdies liegt bei 48 von 50 Anbietern ein Soft-Subscription Modell vor und die Kunden können zwischen verschiedenen Laufzeiten und Lieferintervallen wählen sowie z. T. auch Präferenzen bei Überraschungsboxen angeben. Überdies nutzen 60% das Abonnement als Vertriebsoption neben z.B. einem Onlineshop.
Zudem liegen mit 70% am häufigsten Curated Shopping Anbieter vor. 28% entfallen auf Replenishment-Anbieter und lediglich 2% bieten eine Club-Mitgliedschaft an. Außerdem lassen sich mit 80% am häufigsten monatliche Lieferintervalle wiederfinden, was aber nicht bedeutet, dass die Anbieter ausschließlich dieses Lieferintervall anbieten. Häufig gibt es verschiedene Wahlmöglichkeiten. Die Laufzeiten variieren zwischen unbefristet, 3, 6 und 12 Monaten. Die Kündigungsfrist liegt überwiegend bei 11 Tagen vor dem Ende der Laufzeit. Des Weiteren werden mit 76% überwiegend zusammengestellte Boxen angeboten. Außerdem verwenden die meisten Anbieter Modelle mit festen Beträgen und Kündigungsfristen. Als Versandpartner wird am häufigsten DHL angeboten und es findet sich ein Mix an verschiedenen Zahlungsarten je Anbieter. Mit 80% wird am häufigsten PayPal verwendet, dicht gefolgt von Kreditkarten mit 78%.
Im internationalen Vergleich lassen sich besonders Produkt-Nischen identifizieren, die es bisher nicht in Deutschland gibt. Abonnements für Nagelpflege oder Unterwäsche für Frauen sind noch nicht vertreten. Aber auch allgemeinere Kategorien wie Bücher oder Kunst & Kultur sind noch unterrepräsentiert. Dennoch spiegeln sich überwiegend ähnliche Produkt-Abonnements und besetzte Kategorien wider.
Erfolgsfaktoren
Des Weiteren konnten vier Erfolgsfaktoren für den E-Commerce identifiziert werden: die richtige Positionierung des Produktes bzw. Geschäftsmodells, eine langfristige Kundenbindung, Individualisierungsmöglichkeiten und technische Rahmenbedingungen.
Richtige Positionierung
Zunächst sollte die richtige Positionierung des Abos bzw. des Geschäftsmodells angestrebt werden. Das Abonnement sollte einen Mehrwert für den Kunden bieten und ein Bedürfnis stillen. Dazu gehören im Abo-Commerce besonders die Bedürfnisse Entlastung und Neugier.[8] Die Fokussierung auf ein einzelnes Produkt oder Abonnement ist nicht ratsam. Um sich noch besser an die Kundenbedürfnisse anpassen zu können sollten beispielsweise verschiedene Abos angeboten werden. Außerdem sollte das Geschäftsmodell auf mehreren Standbeinen aufgebaut werden, um nicht allein vom Abonnement Geschäft abhängig zu sein und mehrere Umsatzquellen zu haben. So könnte das Abo neben einem Onlineshop bestehen oder der Anbieter kann zusätzlich Einzelboxen zum Verkauf anbieten, um noch unschlüssige Kunden zu überzeugen.[9] Des Weiteren sollte eine Nische gewählt werden, die noch nicht übersättigt ist, da es schon viele Anbieter am Markt gibt.[8]
Langfristige Kundenbindung
Einer der größten Knackpunkte ist die langfristige Kundenbindung und Kundenzufriedenheit. Viele Abo-Commerce Anbieter konnten durch zu kurze Abonnement-Zeiten keinen Break-Even erreichen und gingen in die Insolvenz.[10]
Überraschungsboxen sollten daher die Neugier beim Kunden über einen längeren Zeitverlauf wecken, durch z.B. exklusive Produkte. Bei personalisierten Boxen sollte die Personalisierung nicht nur am Anfang stehen, sondern stetig angepasst werden, um die Bedürfnisse des Kunden bestmöglich zu erreichen. Zudem sollte das Sortiment stetig erweitert werden und neue Abo-Modelle angeboten werden, um neue Kundengruppen zu erreichen und Bestandskunden zu halten.[8]
Individualisierung
Individualisierungsmöglichkeiten bieten dem Kunden Kontrolle. Klassische Modelle dagegen sind in der heutigen Zeit kaum noch tragbar. Der Kunde kann so z.B. Produkte, Lieferintervalle und Laufzeit seinen persönlichen Bedürfnissen anpassen und so zu einem wirksamen Conversion-Trigger werden.[8] [11] Auch die Möglichkeit das Abo aus Gründen wie z.B. Urlaub zu pausieren, schützen vor Kündigungen.[11]
Technische Voraussetzungen
Eine saubere Kommunikation mit der Warenwirtschaft und die Priorisierung von Abo-Produkten sind unablässig. Auch der Aspekt des Payments muss berücksichtigt werden, um vielfältige Geschäftsfälle abdecken zu können. Was passiert beispielsweise wenn die Kreditkarte während der Laufzeit ihre Gültigkeit verliert? Zudem muss die Produktverfügbarkeit gegeben sein und eventuelle Preisschwankungen berücksichtigt werden.[11]
Fazit und Ausblick
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Abo-Commerce eine Vielzahl von Chancen aufweist, insbesondere im Hinblick auf die wiederkehrenden Zahlungen und eine langfristige Kundenbeziehung. Diese stellt aber auch gleichzeitig immer noch den größten Knackpunkt im Abo-Commerce dar. Viele Anbieter wie die Wummelkiste, Tollabox, ChicChickClub, mamibox, etc. mit vielversprechenden Geschäftsmodellen konnten aufgrund zu kurzer Abonnement-Laufzeiten den Break-Even nicht erreichen und sind bereits gescheitert.[9] Zudem ist der Markt mittlerweile stark übersättigt und die Eintrittsbarrieren für neue Anbieter sind niedrig. Besonders Anbieter die Nischen abdecken wie z.B. Abonnements für Gin oder Nerd-Artikel haben Chancen. Aber auch Anbieter die sich nicht ausschließlich auf den Verkauf von Abonnements beschränken, sondern weitere Vertriebsoptionen wie einen Onlineshop oder den Verkauf von Einzelboxen anbieten, haben Vorteile. Ferner sind Überraschungsboxen mit exklusiven und immer neuen Inhalten zukunftsträchtig, wenn die Artikel wirklich einen Mehrwert für den Kunden bieten.
Die ganzheitliche Analyse des deutschen sowie internationalen Abo-Commerce wäre ein weiterer Schritt, um den Abo-Commerce zu untersuchen, sowie Marktlücken und Ideen für neue Geschäftsmodelle aufzuzeigen. Zudem könnten weitere gescheiterte Anbieter hinzugezogen werden, um Erfolgsfaktoren zu ermitteln oder die genannten Erfolgsfaktoren zu validieren.
[1] Vgl. Haas, Sandra (2017) „Abo-Commerce-Modelle in Deutschland: Eine inhaltsanalytische Untersuchung“, in: Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. (Hrsg.) Dialogmarketing Perspektiven 2016/2017, Tagungsband 11. wissenschaftlicher interdisziplinärer Kongress für Dialogmarketing, Wiesbaden: Springer Gabler Verlag, S.73-84.
[2] Vgl. Strohdiek, Fabian (2016) Warum Abo-Commerce die Kunden nicht mehr loslässt, https://www.gruender.de/abo-commerce/, (Abruf: 31.03.2018).
[3] Vgl. Amazon (o. J.) Spar-Abo, https://www.amazon.de/b?ie=UTF8&node=10258586031 (Abruf: 17.04.2018).
[4] Vgl. Paul, Patrick (2015) Abo-Commerce: Langfristige Kundenbindung mit nachhaltigem Geschäftsmodell,https://votum.de/fokus-e-commerce/abo-commerce-langfristige-kundenbindung-mit-nachhaltigem-geschaeftsmodell/ (Abruf: 17.04.2018).
[5] Vgl. Heinemann, Gerrit (2018) Der neue Online-Handel, Geschäftsmodelle, Geschäftssysteme und Benchmarks im E-Commerce, 9. Auflage, Wiesebaden: Springer Gabler Verlag.
[6] Vgl. Chen, Tony / Fenyo, Ken / Yang, Silvia/ Zhang, Jessica (2018) Thinking inside the subscription box: New research on e-commerce consumers, https://www.mckinsey.com/industries/high-tech/our-insights/thinking-inside-the-subscription-box-new-research-on-ecommerce-consumers (Abruf: 29.04.2018).
[7] Vgl. Weber, Jochen (2014) Wiederkehrende Zahlungen im Abo-Modell: So funktionieren Abrechnung und Verwaltung, https://t3n.de/magazin/abrechnung-verwaltung-wiederkehrenden-zahlungen-234164/ (Abruf: 27.04.2018).
[8] Vgl. Schifrin, Matt (2016) Has The Subscription Box Boom Turned Into A Bubble?, https://www.forbes.com/sites/schifrin/2016/11/03/has-the-subscription-box-boom-turned-into-a-bubble/2/#5acc2dcfccb6 (Abruf: 11.05.2018).
[9] Vgl. Hüsing, Alexander (2015) Drink-Syndikat – als reines Abo-Modell eher schwierig, https://www.deutsche-startups.de/2015/12/08/drink-syndikat-als-reines-abo-modell-eher-schwierig/ (Abruf: 11.05.2018).
[10] Vgl. Lommer, Ingrid (2015) Der K(r)ampf um die Box, https://www.internetworld.de/e-commerce/e-commerce-services/abo-commerce-k-r-ampf-um-box-1038738.html (Abruf: 19.04.2018).
[11] Vgl. Köhler, Alexander (2013) Tipps zu Abo-Commerce: Kundenbindung leicht gemacht, https://t3n.de/magazin/tipps-abo-commerce-kundenbindung-leicht-gemacht-232802/ (Abruf: 27.04.2018).