Definition, Einordnung & Abgrenzung
Wie bereits der Name impliziert, setzt sich Location Based Mobile Marketing (im Weiteren LBMM) aus den Teildisziplinen „Location Based Services“ und „Mobile Marketing“ zusammen[1].
Mobile Marketing ist eine Teildisziplin des Mobile Commerce bzw. des Mobile Business[2] und umfasst sämtliche Marketing-Maßnahmen, die ein Unternehmen von mobilen Endgeräten einsetzt um das Verhalten von Interessenten und Kunden zu beeinflussen.[3] Wesentliche Merkmale sind dabei Lokalisierbarkeit, Ubiquität und die Möglichkeit zur Personalisierung, da eine eindeutige Identifizierung des Empfängers möglich ist.[4]
Location Based Services stellen „eine spezielle Art von Anwendungen des Mobile Commerce dar, welche durch eine Lokalisierung Mehrwert für den Nutzer generieren.“ [5]
Führt man die wesentlichen Merkmale dieser Disziplinen zusammen, so stellt das LBMM eine besondere Form des Mobile Marketings dar, das vorrangig die Lokalisierbarkeit nutzt, um Empfängern in Abhängigkeit ihres Standorts Informationen bereitzustellen. Dies geschieht hauptsächlich performance-orientiert und hat nicht nur deshalb das Ziel, die Adressaten durch die direkte Ansprache zu einer sofortigen Reaktion zu veranlassen: Der Aufenthaltsort ist oft ein zeitvarianter Zustand, wodurch Ansprache und gewünschte Reaktion zeitlich eng zusammenfallen sollten.[6]
Ein wesentliches Unterscheidungskriterium im Bereich des Mobile-Marketings ist die Einteilung in Push und Pull. Pull-Dienste bzw. Aktionen reagieren auf die Erstinitialisierung durch den Anwender und stellen Ihm die gewünschten Informationen entsprechend zur Verfügung. Push-Aktionen werden im Gegensatz dazu von Werbetreibenden initiiert, was zumeist im Rahmen einer Verkaufsförderungsstrategie passiert und damit dem klassischen Verständnis von Werbung am nächsten kommt.[7] Aus diesem Grund und da in Literatur und Netz Mobile-Advertising und Mobile-Marketing meist identisch definiert werden, werden diese Begriffe im Folgenden ebenfalls synonym verwendet und der Fokus der Arbeit auf Push-Aktionen gelegt.
Ausprägung und Funktionsweise
Positionsbestimmung
Da für diese Technologie keine zusätzliche Infrastruktur benötigt wird, wird für die Positionsbestimmung meist das bereits vorhandene Mobilfunknetz genutzt. Hierbei wird die Position des Geräts anhand der gesendeten Rückmeldeinformationen bestimmt, die an die Mobilfunkzellen der Umgebung gesendet werden und ggfs. durch Satellitendaten ergänzt (siehe Abb. 1).[8]
Per Geofencing werden so Areale von 50 – 50.000 qm abgesteckt[9], die es Werbetreibenden ermöglichen, auf ein Gerät, sobald es in ein bestimmtes Areal eintritt, zu erkennen und darauf Informationen zu senden.[10], [11] So gut diese Technologie, die sich bereits durch Navigationssysteme auf mobilen Endgeräten bewiesen hat, für große Gebiete und offene Flächen geeignet ist, so schwach ist diese innerhalb geschlossener Räume.
In diesem Aktionsradius (< 30 Meter) wird derzeit die vor allem von apple entwickelte „Beacon“ genannte Technologie interessant: Kleine Sender, die z.B. in Geschäften installiert werden, bestimmen per Bluetooth Low Energy die auf wenige Meter genaue Position eines Smartphones. Diese Technologie wird aktuell als kleine Revolution für Werbetreibende gefeiert und bereits in den USA verstärkt eingesetzt.[12]
Erscheinungsform und Inhalte
Nach Bestimmung der Position des Endgeräts muss nun noch die Information auf das Endgerät gelangen. Es stehen dabei prinzipiell alle bekannten Kommunikationsmöglichkeiten mobiler Endgeräte zur Verfügung: So können sowohl SMS und MMS, als auch Nachrichten mit alternativen Messengern übermittelt werden oder Push-Nachrichten einer App eingeblendet werden. Welcher Informationsträge genutzt wird, ist dabei abhängig von der eingesetzten Positionsbestimmungs-Technologie. Während Positionsbestimmungen über das Mobilfunknetz bereits die für SMS und MMS notwendigen Mobilfunknummern mitliefern, bleibt diese bei Beacon eher unbekannt. Der Beacon-Sender übermittelt lediglich eine Abfolge von Zahlen, die erst durch eine App decodiert werden müssen – diese App übernimmt gleichzeitig die Darstellung der Push-Nachricht.[13]
Da wie anfänglich erwähnt vor allem Impulskäufe und andere kurzfristige Aktionen durch LBMM-Maßnahmen erzielt werden sollen, haben sich bei den Inhalten vor allem die Übermittlung von Rabatt-Codes, Hinweis auf Gewinnspiele vor allgemeinen Informationen durchgesetzt.[14]
Die Beacon-Technologie ermöglicht durch die Notwendigkeit einer App die Aussteuerung gänzlich personalisierte Werbebotschaften, da der Nutzer durch Installation und Authentifizierungsverfahren der App mit einem Kundenprofil verknüpft werden kann. Obwohl theoretisch diskutiert[15], schein in der Praxis von dieser Möglichkeit noch kein weiterer Nutzen gemacht worden zu sein: Aktuell sind die bekannten Kampagnen allein nur in dem Maße personalisiert, dass eben die ermittelte Position inhaltlich aufgegriffen wird. Weitere Nutzerinformationen wie Kaufhistorie, Vorlieben oder gar der Name werden offensichtlich noch nicht genutzt.[16]
Herausforderungen
Über 90% der Gesamtbevölkerung Deutschlands besitzt ein Handy, über die Hälfte davon und somit gute 48% der Bevölkerung nutzen ebenso das mobile Internet.[17] Davon kann zum einen eine hohe Relevanz des Mobile-Marketings gesamt abgeleitet werden, aber auch eine Voraussetzung des LBMM, der Besitz eines Handys (mit Zugang zum Internet) als unkritisch für die Verbreitung der Werbeform angesehen werden. Die Technologie selbst stellt also keine Hürde dar. Daher sind diese außerhalb der Technologie zu suchen.
Im Zusammenhang mit LBMM wurde bereits mehrfach die Akzeptanz der Nutzer empirisch untersucht. Es gibt sowohl Untersuchungen darüber, in welchem Umfeld (öffentlich oder privat) ein mobiler (positionsabhängiger) Werbekontakt stattfindet und als wie nützlich er empfunden wird, wobei mit großem Vorsprung der Kontakt im öffentlichen Bereich nützlicher empfunden wurde.[18] Ebenso wurde generell die Wirksamkeit unterschiedlicher Werbeformen untersucht, wobei Nutzer vor allem Rabatte und Gewinnspiele als nützlich empfanden.[19] Beiden Untersuchungen haben jedoch gemein, dass die Empfänger vor allem Bedenken bezüglich einer zu hohen Anzahl an Werbekontakten, uninteressanter Werbung, und der Verwendung ihrer persönlichen Daten haben. Daraus lassen sich folgende Herausforderungen ableiten:
- Herausforderung 1: Datenschutzkonforme Verwendung personenbezogener Informationen einhergehend mit der Einholung einer entsprechenden Erlaubnis (Permission) zur Kontaktaufnahme
- Herausforderung 2: Tatsächlich relevante Inhalte für den Empfänger ermitteln und passend ausliefern
- Herausforderung 3: Sicherstellen einer akzeptieren Obergrenze für Werbekontakte (Frequency Cap)
Wann immer ein Unternehmen also sich für LBMM entscheidet, sind also gleichzeitig folgende Disziplinen zu belegen.
- Personalisierung (zur Sicherstellung des richtigen Inhalts),
- Tracking (Feststellung der Relevanz und Ermöglichung von Anpassungen an Werbe-Strategie)
- Datenschutz und Permission-Marketing (Zur Sicherstellung der Legalität und Akzeptanz des Kontakts)
Vor allem der Bereich Permission ist aktuellen Umfragen zufolge der Wichtigste und sollte sauber gelöst werden.[20]
Einsatzmöglichkeiten
Aktuell prüfen in Deutschland vor allem große Ketten mit stationären Geschäften den Einsatz der Technologie. So soll im Einzelhandel die Beacon-Technologie in Zusammenhang mit Kunden-Bonus-Programmen im Testbetrieb sein und schon allein der Besuch der Filiale mit Treuepunkten belohnt werden. Führende Anbieter im Bereich beacon-Technologie sind Shopkick und Yoints, die, großgeworden im amerikanischen Markt, nun den Einstieg in Deutschland wagen. [21] Somit ist der aktuelle Fokus der Technologie auf den stationären Einzelhandel gerichtet.[22]
Obwohl in der Praxis noch nicht im Einsatz, ist diese Form der Werbung nicht auf diesen Teil des Handels beschränkt. So lassen sich beliebige, umsetzbare Szenarien ersinnen, wodurch auch andere Marktteilnehmer wie Multichannel-Unternehmen oder reine Online-Pure-Plays auf diese Technologie setzen könnten:
- Händler (Offline & Online) könnten beim Betreten des Ladens der Konkurrenz gezielt auf das eigene, günstigere Angebot in der Nachbarstraße oder im Internet hinweisen.[23]
- Dienstleistungsunternehmen wie Hotels können Ihren Gästen (kostenpflichtige) Zusatzservices in Abhängigkeit von Zeit und Position in Bezug auf deren Anreise machen: Die zielgerichtete Vermittlung des Transfers von Ankunft zum Hotel wird dadurch denkbar.[24]
- Bei Veranstaltungen können die Teilnehmer auf das dort vorhandene Waren- und Service-Angebot aufmerksam gemacht werden oder für jede Form thematisch verwandter (Online-) Käufe animiert werden.[25]
- Museen können in Abhängigkeit der Exponate auf entsprechende Artikel im Museumsshop oder auf freiwerdende Plätze im Museumscafé hinweisen.[26]
Fazit und Ausbilck
Location Based Mobile Marketing ist eine relativ junge Marketing-Form, die vor allem durch die Verbreitung internetfähiger Smartphones ermöglicht wurde. Aus diesem Grund sind sogenannte „best-practices“ oder allgemeingültige Konventionen nicht zu finden, jedoch zeigt das rapide Wachstum (gemessen an den Firmenneugründungen[27]) dieses Werbemarktes, dass LBMM in den nächsten Monaten und Jahren eines der Hauptthemen innovativen Marketings sein wird.
Es ist vor allem die Beacon-Technologie, die aktuell in der Praxis für Relevanz sorgt: Ein Großteil der Infrastruktur (Endgeräte, Funknetze, Server-Kommunikationstechnologien[28]) sind bereits vorhanden, die fehlenden Bausteine sind mittlerweile erschwinglich und leicht zu bedienen. Trotzdem bleibt abzuwarten, ob sich die Nutzer entsprechende Apps installieren und z.B. Bluetooth für eine nahtlose Verwendung ständig aktiviert lassen.
Die Werbetreibenden sehen sich hier einem riesigen Potenzial gegenüber, das sich durch die stärkere Berücksichtigung der Dimensionen Zeit und, vor allem, Ort auftut. Jetzt liegt es an den Marketing-Verantwortlichen die Technologie sinnvoll zu nutzen – vor allem die Berücksichtigung der genannten Herausforderung scheint vor allem im deutschen Markt besonders wichtig, da hier der Datenschutz und die Privatsphäre als besonders wichtig eingeschätzt werden[29]. Nichts wäre schlimmer, als wenn man sich für diese zukunftsträchtige Technologie vorschnell die Akzeptanz bei den Empfängern verspielen würde.
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Quellen
[1] Vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Location-based_advertising [2] Vgl. Kazantinidis, Kyriyki Carolin (2009), “Erfolgsfaktoren des Mobile Marketing” – S. 31 [3] Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/596505867/mobile-marketing-v2.html [4] Vgl. Kazantinidis, Kyriyki Carolin (2009), “Erfolgsfaktoren des Mobile Marketing” – S. 32f [5] Vgl. Bauer H.H. Haber, T.E u.A. (2008), S.207, in Bauer, H.H., Dirks, Thorsent u.A. (Hrsg. 2008) „Erfolgsfaktoren des Mobile Marketings – Strategien, Konzepte und Instrumente. [6] Vgl. Kazantinidis, Kyriyki Carolin (2009), “Erfolgsfaktoren des Mobile Marketing” – S. 32ff [7] Vgl. Wiedmann, K-P. u.A. 822(2008), S.310, in Bauer, H.H., Dirks, Thorsent u.A. (Hrsg. 2008) „Erfolgsfaktoren des Mobile Marketings – Strategien, Konzepte und Instrumente. [8] Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Geofencing [9] Vgl. http://www.plotprojects.com/geofencing/#geo_what [10] Vgl. http://whatis.techtarget.com/definition/geofencing [11] Vgl. http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Geofencing-geofencing.html [12] Vgl. https://hbr.org/2014/09/how-beacons-are-changing-the-shopping-experience/ [13] Vgl. http://www.sueddeutsche.de/digital/beacon-technologie-in-kaufhaeusern-rabatt-schlacht-auf-dem-smartphone-1.2047755 [14] Vgl. Kazantinidis, Kyriyki Carolin (2009), “Erfolgsfaktoren des Mobile Marketing” – S. 35f [15] Siehe https://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=NkKeFm5FhhU#t=197 [16] Vgl. https://hbr.org/2014/09/how-beacons-are-changing-the-shopping-experience/ [17] Vgl. http://www.agof.de/download/Downloads_Mobile_Facts/Downloads_Mobile_Facts_2014/Downloads_Mobile_Facts_2014_II/mf%202014%20II%20Berichtsband%20zur%20mobile%20facts_2014-II.pdf?f97c52 – S. 6 [18] Vgl. Syagnik (Sy) Banerjee Ruby Roy Dholakia, “Does Location Based Advertising Work?” in “Internationale Journal of Mobile Marketing” (2008) – o.S.http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2135087 [19] Vgl. Kazantinidis, Kyriyki Carolin (2009), “Erfolgsfaktoren des Mobile Marketing” – S. 287ff [20] Siehe https://www.youtube.com/watch?v=jcbnt4Svq9Y [21] Vgl. http://www.derhandel.de/news/technik/pages/Loyaltyprogramme-Shopnow-bringt-Beacon-Technologie-nach-Deutschland-10350.html [22] Vgl. http://www.yoints.com/ , http://www.shopkick.com/partners [23] Vgl. https://www.linkedin.com/today/post/article/20140825162348-343420151-geo-location-geo-fencing-creep-factor-the-future-of-location-data-and-mobile-advertising [24] Vgl. http://skift.com/2014/10/01/how-travel-brands-can-use-geo-fencing-and-wearables-to-personalize-a-trip/ [25] Vgl. http://techcrunch.com/2014/11/04/how-the-49ers-are-using-beacons-to-help-you-find-hot-dogs-and-beer/ [26] Vgl. http://www.saydaily.com/2014/10/beacons-2014 [27] Vgl. Focus 9/2014 – Artikel „Der Laden wird digital“ – S.68 [28] Vgl. http://123seminarsonly.com/Seminar-Reports/020/6550915-Mobile-Marketing-Using-a-Location-Based-Service.pdf [29] Vgl. http://www.sueddeutsche.de/digital/ihre-frage-wieso-ist-den-deutschen-der-datenschutz-so-wichtig-1.2106439
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