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Kanalstrategie Lime: Multi-Channel in der Mikromobilität

„Als wir unsere Reise im Jahr 2017 begannen, war die Mission klar: eine zugängliche und erschwingliche Mikromobilitätslösung erschaffen, um die Art und Weise zu verbessern, wie Menschen den Transport auf der ersten und letzten Meile erleben.“[1] Mit diesen Worten beschreiben die Gründer Toby Sun und Brad Bao ihr 2017 in Kalifornien gegründetes Unternehmen Lime. Multi Channel Lime: Wie geht das Unternehmen mit der Herausforderung steigender Kanalvielfalt um?

Über Lime

Im vergangenen Jahr erzielte das Unternehmen einen Umsatz von ca. 420 Millionen USD bei einer Bewertung von knapp 2,4 Mrd. USD.[2][3] Im Zuge des raschen Wachstums stieg auch die Zahl der Mitarbeiter auf ca. 1400.[4] 

Dienstleistungsangebot 

Zum Dienstleistungsangebot zählt die Vermietung von E-Scootern, E-Bikes, Fahrrädern und Autos. Der Betrieb erfolgt dabei stationslos. Das heißt, dass der Kunde das Leihobjekt flexibel in Parkzonen aufnehmen und abstellen kann und nicht an spezielle Stationen gebunden ist. 

Das Entsperren, Aktivieren und Bezahlen erfolgt hauptsächlich per Lime-App, die sowohl für Android als auch für iOS verfügbar ist. 

Mittlerweile ist Lime in über 120 Städten in mehr als 30 Ländern mit seinem Dienstleistungsangebot aktiv.[5] 

Zielgruppe 

Das Angebot spricht insbesondere junge Leute zwischen 18-30 Jahren an, welche in der Großstadt aktiv sind und zum Beispiel für die letzte Meile oder als Tourist beim Sightseeing einen E-Scooter einsetzen würden. 

Wettbewerber 

Neben den Rollern von Lime gibt es in Deutschland insbesondere Circ, Voi und Tier als weitere Anbieter, während sich die Roller auf den ersten Blick nur anhand der Farbe unterscheiden lassen. 

Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass es auch kleine Differenzen bei der Ausstattung gibt: Einige Roller verfügen beispielsweise über eine digitale Geschwindigkeitsanzeige oder über eine Handy- bzw. Getränkehalterung. 

In Bezug auf App, Preisgestaltung und Nutzungsintention sind die Roller allerdings nahezu identisch. Die Apps sind schematisch gleich aufgebaut und haben dieselben Funktionen, primär das Entsperren und Sperren der Roller. Die Nutzungskosten setzen sich dabei aus einer Aktivierungsgebühr von 1 Euro und 15 – 20 Cent für jede weitere Nutzungsminute zusammen.[6] 

Besonders hervorzuheben ist noch die Methode, um die Akkus der E-Scooter wieder aufzuladen. Lime setzt hierbei auf ein System bei dem sogenannte „Juicer“ zum Einsatz kommen. 

Das sind Personen, die für Lime die Roller über Nacht einsammeln, aufladen und wieder in der Stadt präsent positionieren. Die Vergütung erfolgt dabei pro Stück und ohne direkte Anstellung bei Lime. 

Andere Anbieter haben hingegen zum Tauschen der Akkus teilweise eigenes Personal eingestellt.[7] 

Multi Channel Lime: Besonderheiten 

Nachdem Lime in verschiedenen Finanzierungsrunden Investitionen unter anderem von Google und Uber empfangen hat, wurden die E-Scooter auch in der Uber und Google Maps App integriert. Uber ermöglicht sogar die Aktivierung der Roller und das Bezahlen der Nutzungsgebühr, wodurch die Uber App neben der Lime App zu einem weiteren Vertriebskanal wurde. 

Lime Smartphone App

Zuletzt war Lime unter anderem wegen Kooperationen mit N26 und BMW in der Presse. 

N26 Kunden hatten von August bis Dezember 2019 die Möglichkeit, durch Hinterlegen einer N26-Karte als Hauptzahlungsmethode in der App, 50% Rabatt auf alle Fahrten mit E-Scootern zu erhalten.[8] Damit sprach Lime gezielt die junge Zielgruppe der digitalen „Smartphone-Bank“ an. 

Durch die Kooperation mit BMW ging Lime einen großen Schritt in Richtung B2B. 70 E-Scooter sollten die Mobilität auf dem Firmen-Campus verbessern.[9] Ähnliche Kooperationen gibt es bereits mit größeren Hochschulen in den USA.[10]

Multi Channel Lime: Customer Journey 

Customer Journey: Micromobility

Um nun die Ausprägung von Multi-Channel-Aktivitäten zu untersuchen haben wir uns an einer prototypischen Customer-Journey für E-Scooter orientiert, die jeweiligen Touchpoints unter die Lupe genommen und deren Vernetzung analysiert. Diese Customer-Journey ist grob in drei Abschnitte zu unterteilen: die Vorkaufsphase mit Awareness, Entscheidung und Suche, die Nutzungsphase mit Entsperren, Nutzen, Sperren und Feedback und die After-Sales Phase in Form von Loyalty oder Disloyalty.  

Vorkaufsphase

Vorkaufsphase

Für die Awareness gibt es eine Vielzahl verschiedener Berührungspunkte. 

Da die E-Scooter viel Aufsehen erregen, entsteht der erste Kontakt mit ihnen häufig über die Medien. Neben den klassischen Nachrichten zu Unfällen oder Einführungen in neuen Städten, sorgt der Spaßfaktor dafür, dass über die Roller gesprochen wird und Beiträge in sozialen Netzwerken gepostet und geteilt werden. Zudem sorgt ihre Präsenz in Stadtzentren bei einem Einkaufsbummel und in den zuvor genannten Apps bei der Planung von Routen für regelmäßige Berührungspunkte. Zusätzlich investiert Lime in einigen Städten in Bannerwerbung. Es ist allerdings auffällig, dass Lime kaum Awareness-Kampagnen durchführen muss, da die innovative Fortbewegungsart schon allein genug Blicke auf sich zieht. 

Nach der ersten Phase entscheidet sich der Nutzer für einen Rolleranbieter. Hierbei gibt es abhängig von den ersten Berührungspunkten verschiedene Szenarien: 

Handelt es sich um einen Erstnutzer, entscheidet er sich wahrscheinlich basierend auf einem der folgenden Kriterien: Empfehlungen, Optik oder Standort. 

Hat der Nutzer allerdings bereits Erfahrungen mit einem Rollervermieter gesammelt, ist es wahrscheinlich, dass er denselben Anbieter wiederwählt, auch wenn ein anderer Roller etwas näher steht. Dies liegt insbesondere an der Hemmung eine weitere App auf dem Smartphone zu installieren und daran, dass er bereits weiß, was ihn bei dem Anbieter erwartet. 

Um den Roller nun auf dem schnellsten Weg zu finden, kann der Nutzer sich in der Lime-App, bei Google Maps oder Uber über die Standorte der nächsten Roller informieren. Google Maps bietet hierbei sogar eine Routenführung an.

Nutzungsphase

Nutzungsphase

Als nächstes beginnt die Nutzungsphase. Während andere Scooter-Vermieter lediglich die Entsperrung mit der hauseigenen App ermöglichen, gibt es bei Lime immerhin Uber als weitere Alternative.  Der Scooter wird mit dem Scan eines QR-Codes am Lenker freigeschaltet, wodurch die Nutzungsphase und damit der Abrechnungszeitraum beginnt. 

Falls bei der Fahrt Probleme auftreten, kann der Nutzer sich in dem in der Lime-App eingebettetem Hilfe-Center nach Lösungsansätzen erkundigen. Diese Situation tritt unter Berücksichtigung der kurzen Lebensdauer der Roller häufig auf und das Hilfe-Center ist dementsprechend gut organisiert. 

Die Fahrt wird durch einen Klick in der App beendet. Der Nutzer wird aufgefordert ein Foto von dem geparkten E-Scooter zu machen und hat schließlich die Möglichkeit Feedback zum Kundenerlebnis zu geben. All dies geschieht innerhalb der Lime-App

After-Sales Phase

After-Sales Phase

War der Nutzer zufrieden mit der Fahrt, so hat er verschiedene Möglichkeiten Lime weiter zu verfolgen und seine Treue zu zeigen. Dabei ist insbesondere der Corporate-Blog “Second-Street” in Kombination mit einer Newsletteranmeldung eine geeignete Option. Dieser wird regelmäßig mit neuen, qualitativen Inhalten versorgt und vermittelt alle wichtigen Entwicklungen. 

Auch die gängigen Social Media Seiten auf Facebook, Twitter, Instagram, YouTube oder LinkedIn können abonniert werden, wobei hier allerdings primär die Blogbeiträge verbreitet werden. Trotz der übereinstimmenden Nutzerschaft mit dem aufstrebenden sozialen Netzwerk TikTok bleibt dieses Potenzial von Lime zunächst ungenutzt.  

Bei jeder Fahrt mit einem Lime-Roller werden Lime-Punkte gesammelt, die allerdings noch keine Vorteile bieten. Eine Navigation über den Reiter „Lime-Punkte“ führt seit einigen Monaten zu dem Hinweis, dass das Treueprogramm bald verfügbar sein wird. 

Bezüglich der Vernetzung konnte festgestellt werden, dass zu Beginn der Customer-Journey alle internen Kanäle auf die App verweisen, da dies der primäre Vertriebskanal ist. Anderweitige Vernetzungsaktivitäten konnten, abgesehen von rudimentärer Verlinkung der Social-Media-Kanäle, nicht beobachtet werden. 

Multi Channel Lime: Beurteilung 

Abschließend ist positiv hervorzuheben, dass die Lime Scooter neben der eigenen App auch in Uber und Google Maps vorzufinden sind. Dies sind viel frequentierte Kanäle in der Vorkaufsphase und bilden daher eine gute Möglichkeit, um sich von der Konkurrenz abzuheben. 

Der primäre Checkout via App kann jedoch auch zum Ausschluss potenzieller Kunden führen. 

Zudem fällt auf, dass die App nicht gut für die deutsche Sprache optimiert ist, da die Schrift teilweise im Navigationsmenü abgeschnitten ist. 

Weitere Verbesserungsvorschläge bestehen in der Kooperation mit öffentlichen Verkehrsdiensten und der Einführung von neuen Checkout Möglichkeiten. Ein gutes Vorbild hierfür ist zum Beispiel die Kooperation von Voi mit der Hamburger Hochbahn im letzten Jahr. 

Außerdem könnte die Integration eines weiteren Vertriebskanals, beispielsweise via Mobile-Web, potenziellen Neukunden den Einstieg in die Welt der Mikromobilität erleichtern. 

Quellen

1: https://www.li.me/second-street/lime-smart-mobility-backed-by-gv-uber 
2: https://www.theinformation.com/articles/limes-loss-to-top-300-million-in-2019
3: https://www.li.me/second-street/lime-2019-new-financing-serve-more-users-around-globe 
4: https://craft.co/limebike
5: https://www.welt.de/wirtschaft/article202166154/Lime-Chef-Ich-liebe-es-wie-Deutschland-mit-E-Scootern-umgeht.html 
6: https://www.turn-on.de/tech/test/e-scooter-im-test-das-bieten-dir-circ-lime-tier-voi-co-503979 
7: https://escooter.blog/2019/07/01/juicer-charger-hunter-und-ranger-in-deutschland/
8: https://n26.com/de-de/blog/n26-und-lime-kooperation
9: https://www.li.me/second-street/lime-partners-bmw-group-munich-campus-project 
10: https://thehoya.com/dockless-bikesharing-reaches-campus-limebike-collaboration/

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