Von 14 Milliarden Dollar (2014) auf 335 Milliarden Dollar (2025). Dies ist die Prognose von Experten in Bezug auf die Marktgröße der Sharing-Economy. P2P-Unternehmen (Peer-to-Peer) sollen einen großen Beitrag zu diesem rasanten Wachstum leisten. In den letzten Jahren schafften es bereits einige Unternehmen mit dem P2P-Geschäfftsmodell zu erfolgreichen Weltfirmen.
Doch wie sollten diese Unternehmen ihr Marketing gestalten? Sollten sie den Fokus auf die Plattform oder den Anbieter legen?
Dieser Frage gehen Forscher in der Studie „Providers Versus Platforms: Marketing Communications in the Sharing Economy“ von John P. Costello and Rebecca Walker Reczek aus dem Jahr 2020 auf den Grund.
Das P2P-Geschäftsmodell
Das P2P-Geschäftsmodell besteht aus 3 Parteien: Anbieter, Nachfrager und dem P2P-Unternehmen. Aufgabe des P2P-Unternehmens ist es, Anbieter und Nachfrager zu vermitteln. Hierfür stellt das Unternehmen meistens eine Plattform bereit, auf der Anbieter und Nachfrager aufeinandertreffen und miteinander Geschäfte machen können. Die Anbieter, auf der zur Verfügung bekommenen Plattform, sind dabei unabhängige Händler, die ihre eigenen Produkte verkaufen. Sie stehen in keiner Beziehung zum Vermittler (P2P-Unternehmen), außer dass die Plattform genutzt wird.
Ein Beispiel für ein weltbekanntes P2P-Unternehmen ist Airbnb. Airbnb stellt eine Plattform bereit, auf der Immobilienbesitzer ihre Häuser oder Wohnungen zur Miete anbieten können und Nachfrager diese Immobilien anmieten können.
Weitere Beispiele für P2P-Unternehmen sind eBay, Uber oder YouTube.
Anbieterfokussierung vs. Plattformfokussierung
P2P-Unternehmen wie z.B. Airbnb haben zwei Möglichkeiten, wie sie ihr Marketing ausrichten können: plattform- oder anbieterfokussiert.
Plattformfokussierung:
P2P-Unternehmen stellt bei der Markenkommunikation die eigene Plattform in den Vordergrund und wirbt mit den Vorteilen, welche die Plattform bietet.
Anbieterfokussierung:
P2P-Unternehmen stellt bei der Markenkommunikation die Anbieter, welche auf der eigenen Plattform ihre Produkte anbieten, in den Vordergrund und nicht die Plattform an sich.
P2P-Unternehmen : Matchmaker vs. Forum
Ein Matchmaker bezeichnet ein P2P-Unternehmen, welches nicht nur die Plattform bereitstellt, sondern außerdem noch weitere Aufgaben übernimmt, wie zum Beispiel die Durchführung der Transaktionen oder die Bereitstellung eines Supports für Anbieter als auch Kunden.
eBay zum Beispiel stellt eine Plattform bereit, auf der Anbieter und Nachfrager aufeinandertreffen können. Des Weiteren übernimmt eBay aber auch die Abwicklung der Zahlungen und leistet Support.
Ein Forum hingegen bezeichnet ein P2P-Unternehmen, welches ausschließlich die Plattform bereitstellt und sonst keine weiteren Aufgaben übernimmt. Ein Beispiel wäre hier eBay Kleinanzeigen, wo nur die Plattform bereitgestellt wird. Um Zahlungen oder Probleme müssen sich die Anbieter und Nachfrager selber kümmern
Hypothesen
Die Forschenden der oben genannten Studie stellen folgende Hypothesen auf:
H1: Anbieter-fokussiertes Marketing erhöht bei P2P-Firmen die Kaufwahrscheinlichkeit der Kunden.
H2: Effekt aus H1 wird dadurch hervorgerufen, dass der Kunde das Gefühl hat, er helfe mit seinem Kauf einer einzelnen Person.
H3: Anbieter-fokussiertes Marketing erhöht die Kaufwahrscheinlichkeit für P2P-Firmen, aber NICHT für traditionelle Firmen.
H4: Anbieter-fokussiertes Marketing führt zu keiner erhöhten Kaufwahrscheinlichkeit, wenn Anbieter ohnehin schon im Fokus stehen (Matchmaker vs. Forum).
Studien
Um die oben genannten Vermutungen zu überprüfen, wurden insgesamt 6 Studien durchgeführt (1, 2a, 2b, 3, 4a, 4b). In diesem Beitrag konzentrieren wir uns auf die zwei wichtigsten Studien, um die Hypothesen zu kontrollieren.
Anbieterfokussiertes Marketing für P2P-Unternehmen wirkungsvoller?
Dieser Frage geht die Studie 2a auf den Grund. Es sollte ermittelt werden, welche Auswirkungen anbieterfokussiertes Marketing im Vergleich zum plattformfokussierten Marketing auf P2P Brands und auf traditionelle Firmen hat. Dafür wurden 259 Studenten in vier Gruppen eingeteilt:
1: P2P Unternehmen mit anbieterfokussiertem Marketing
2: Traditionelle Firma mit anbieterfokussiertem Marketing
3: P2P Unternehmen mit plattformfokussiertem Marketing
4: Traditionelle Firma mit plattformfokussiertem Marketing
Jede Gruppe bekam dann passend zu ihrer Konstellation ein Werbeplakat. Die Studenten sollten anhand des Werbeplakates Fragen beantworten, wie sie das Unternehmen wahrnehmen (z.B. Wie gerne würdest du den Service des Unternehmens nutzen).
Ergebnisse
Die Teilnehmer wollten bei dem P2P-Unternehmen deutlich eher den Service nutzen, wenn der Fokus der Werbung auf dem Anbieter (vs. Plattform) liegt.
Wenn bei P2P-Unternehmen der Fokus auf dem Anbieter (vs. Plattform) liegt, dann hatten Teilnehmer ein deutlich stärkeres Gefühl, ihr Kauf helfe einer einzelnen Person.
Keine Unterschiede in der Kaufwahrscheinlichkeit bei traditionellem Taxiunternehmen – egal ob Fokus auf Anbieter oder Plattform/Firma liegt.
Laut Experten liegt der Grund für diese Ergebnisse vor allem in der visuellen Darstellung des eigenständigen Anbieters/Händlers. Der Kunde hat ein Gesicht vor Augen, wodurch seine Wahrnehmung geändert wird. Er entwickelt eine sogenannte „empathische Linse“. Der Kunde fängt an sich in den einzelnen Anbieter hineinzuversetzen und denkt aus der Perspektive des Anbieters. Der Kunde denkt darüber nach, wie sein Kauf und sein Geld dem kleinen, einzelnen Anbieter helfen kann (und keiner riesigen der Firma).
Ein weiterer Grund liegt in der Tatsache, dass jeder Kunde leicht selber zum Anbieter und Teil der Sharing Economy werden kann. So bestellt man sich zum Beispiel ein Uber und empfindet Empathie für den Fahrer, weil man weiß, dass man auch sehr einfach selber der Fahrer sein könnte. Im Grunde kann jeder Uber-Fahrer werden.
Außerdem erleben Kunde und Anbieter im P2P-Geschäftsmodell häufig zusammen hohe soziale Erfahrungen. So fährt man als Kunde zum Beispiel im privaten Auto des Fahrers mit und man unterhält sich während der Fahrt. Dies führt ebenfalls zu einer gesteigerten Empathie beim Kunden.
Die empfundene Empathie führt letztlich zu einer deutlichen Steigerung der Kaufwahrscheinlichkeit beim Kunden.
Anbieterfokussiertes Marketing bei Foren
Bislang haben wir uns die Auswirkungen des marketingfokusses lediglich bei P2P-Unternehmen angeschaut, welche als Matchmaker agieren. Hier konnten wir feststellen, dass für die Matchmaker ein anbieterfokussiertes Marketing definitiv zu besseren Resultaten führt. Wie sieht es allerdings mit P2P-Unternehmen aus, die als Forum tätig sind?
Hierfür führten die Forschenden die Studie 4a durch. Ziel dieser Studie ist es zu überprüfen, welche Auswirkungen der Werbefokus auf Foren, im Vergleich zu Matchmakern hat. Auch für diese Studie wurden die Teilnehmer wieder in vier Gruppen unterteilt.
- Forum mit anbieterfokussiertem Marketing
- Matchmaker mit anbieterfokussiertem Marketing
- Forum mit plattformfokussiertem Marketing
- Matchmaker mit plattformfokussiertem Marketing
Wieder bekam jede Gruppe, passend zu ihrer Konstellation, ein Werbeplakat. Die Student/innen sollten anhand des Werbeplakates Fragen beantworten, wie sie das Unternehmen wahrnehmen (z.B. Wie wahrscheinlich ist es, dass du dir die App runterlädst?).
Ergebnisse:
Teilnehmer der Studie würden bei P2P-Unternehmen, welche als Matchmaker agieren, deutlich eher die App herunterladen, wenn der Fokus der Werbung auf dem Anbieter (vs. Plattform) liegt.
Wenn das P2P-Unternehmen allerdings ein Forum ist, dann hat der Fokus der Werbung keinen Einfluss auf die Kaufwahrscheinlichkeit.
Eine Begründung für diese Ergebnisse sehen Experten darin, dass der Anbieter bei Foren von Natur aus schon sehr stark heraussticht. Das liegt grundsätzlich an der Art und dem Verhalten eines Forums. Da bei einem Forum das Unternehmen bzw. die Plattform keine zusätzlichen Leistungen übernimmt, außer die Plattform bereit zu stellen, rückt das Unternehmen bzw. die Plattform bei Kunden in den Hintergrund. Viel mehr im Fokus stehen die Anbieter, einfach weil es wenig gibt, auf was sich der Kunde sonst fokussieren kann. Wenn nun ein Forum mit anbieterfokussiert wirbt und den Anbieter in den Vordergrund stellt, so hat dies keinen besonderen Effekt mehr, da in der Wahrnehmung des Kunden, der Anbieter ohne hin im Vordergrund steht. Bei Matchmakern hingegen ist es umgekehrt. Hier steht bei Kunden das Unternehmen/Plattform im Vordergrund, da sich diese durch aktives Handeln in den Vordergrund spielen. Wenn jemand an Uber denkt, so denkt er an die App, mit der man sich schnell eine Mitfahrgelegenheit organisieren kann. Weniger denkt man an die einzelnen Anbieter, welche mit der App ihren Lebensunterhalt verdienen. Wenn nun ein Matchmaker die eigenen Anbieter in den Vordergrund stellt, so bewirkt dies eine Art Überraschungseffekt und erzielt bessere Ergebnisse für das Unternehmen in wirtschaftlicher Hinsicht.
Fazit
Durch die Durchführung der Studien konnten alle oben aufgestellten Hypothesen belegt werden. Zusammenfassend können wir folgende Ergebnisse zusammenfassen:
Wenn ein P2P-Unternehmen ein Matchmaker ist, dann sollte der Fokus der Werbung auf den Anbieter gelegt werden, da dies die Kaufwahrscheinlichkeit steigert.
Die gesteigerte Kaufwahrscheinlichkeit wird dadurch hervorgerufen, dass der Kunde das Gefühl bekommt, er helfe einer einzelnen Person.
Wenn ein P2P-Unternehmen ein Forum ist, dann macht es keinen Unterschied, ob der Fokus der Werbung auf den Anbieter oder die Plattform gelegt wird.
Anbieter-fokussiertes Marketing erhöht die Kaufwahrscheinlichkeit für P2P-Firmen, aber NICHT für traditionelle Firmen.
Hallo zusammen, vielen lieben Dank für den informativen Beitrag! Wie lautet denn die zugehörige Quelle zu der Studie?
Herzlichen Dank!
Hallo Katja,
die Studie lautet „Providers Versus Platforms: Marketing Communications in the Sharing Economy“ von John P. Costello and Rebecca Walker Reczek.
Viele Grüße
Gerrit