Warum braucht man sowas? – Motivation
Das Beobachten und Analysieren des Markenrufes eines Unternehmens kann vom Unternehmen genutzt werden, um die Wahrnehmung von Kunden durch Markenereignissen wie beispielsweise die Veröffentlichung eines neuen Produktes zu messen. Fragen wie „Nehmen die Kunden den Preis als zu teuer wahr?“, oder „Entspricht die Qualität der Produkte, den Kundenerwartungen?“, lassen sich mittels des Trackers beantworten.
Die konventionelle Methode, um den Markenruf eines Unternehmens zu bestimmen, ist Umfrage basiert und dauert lange, ist nicht für die Allgemeinheit repräsentativ wegen der geringen Anzahl von Befragten und kostenintensiv. Ebenso sind Umfragen wenig dynamisch, da sie nur auf jährlicher Basis durchgeführt. Dies führt häufig dazu, dass Unternehmen nicht wirklich wissen, wie Ihre Marke bei Kunden wahrgenommen wird. Da heutzutage die Menschen ihre Meinungen zunehmend in den sozialen Netzwerken preisgeben und dort auch Kritik an Unternehmen äußern, können diese Beiträge genutzt werden, um den Markenruf zu bestimmen.
Aufbau des Trackers – Treiber Logik
Für die Bestimmung des Markenrufes wurden Twitter-Beiträge genutzt. Ein ausschlaggebender Vorteil von Twitter ist, dass Unterhaltungen öffentlich stattfinden. Zudem sind dort alle großen Marken präsent und es gibt eine vorhandene Schnittstelle. Beobachtet wurden 100 globale Marken aus verschiedenen Brachen und das 130 Wochen lang. Ein Twitter-Beitrag wurde dann getrackt, wenn das Unternehmen dort markiert wurde (z. B. @Amazon).
Der Markenruf eines Unternehmens lässt sich durch die folgenden drei Komponenten aufgliedern: Wertetreiber, Markentreiber und Beziehungstreiber.
Diese drei Treiber können wiederum aufgespaltet werden in Sub-Treiber, die eigene Wörterbücher besitzen. Der Grund für diese Verschachtelung ist die Ermöglichung einer genaueren Analyse des Markenrufs.
Durch die Wörter in den jeweiligen Wörterbüchern können Beiträge den verschiedenen Sub Treibern zugewiesen werden und somit auch den Treibern. Der Social Media Tracker analysiert Twitter-Beiträge, die von Stakeholder über ein bestimmtes Unternehmen geschrieben wurden und vergleicht die vorkommenden Wörter des Beitrages mit den Wörterbüchern der Treiber. Die Kommentare können dann anhand der Schlüsselwörter den entsprechenden Sub-Treibern mit passendem Wörterbuch zuordnet werden.
Zum Beispiel: Der Twitter-Beitrag eines Stakeholders (in diesem Fall: ein Kunde) lautet: „ Ich habe gestern bei Saturn einen Fernseher gekauft. Der beratende Mitarbeiter war dabei sehr freundlich – hier kaufe ich wieder ein!“. Der Tracker erkennt das Wort „freundlich“, das in dem Wörterbuch des Beziehungstreibers unter dem Sub-Treiber „Freundlichkeit“ als positives Wort eingepflegt wurde. Dieser Post verstärkt somit positiv den Beziehungstreiber und damit auch den Markenruf des Unternehmens Saturn.
Auswertung der Ergebnisse
Im nächsten Schritt widmen wir uns der technischen Konstellation des Trackers. Vorerst noch paar Sätze zum Volumen der Datensammlung. Innerhalb der 130 Wochen wurden im Schnitt pro Unternehmen 14.000 Tweets in der Woche gesammelt. Zu den drei stärksten Unternehmen gehörten Amazon mit einem Wochenbestwert von 1.7 Millionen, T-Mobile mit 1.2 Millionen und Google mit 800.000.
Die anschließende Auswertung der Daten sieht wie folgt aus.
Auf der linken Seite sieht man die oben beschrieben Treiber in Blau und darunter die jeweiligen Subtreiber. Die letzte Zeile bildet anschließend die gesamte Markenreputation ab, als Durchschnittswert der drei Treiber.
Die ersten beiden Spalten, positives und negatives Volumen weisen die Anzahl an Twitter-Beiträgen auf, die anhand der geschriebenen Wörter und der Überschneidung mit den Wörterbüchern entweder als positive oder negativ eingestuft wurden. Um diese Kennzahlen mit anderen Unternehmen und der unternehmenseigenen Historie vergleichbar zu machen, wird ein relativer Wert gebildet (Das Stimmungsverhältnis), indem das positive Volumen durch das negative geteilt wird. Der Vorteil dieser Kennzahl ist, dass diese nicht vom Volumen anhängt. Folglich eignet sie sich auch, um in einer Zeitreihe dargestellt zu werden. Ein zusätzlicher Nutzen ist die Kontrolle von Markenereignissen wie Beispielsweise der Release eines neuen Produktes oder Funktion.
Im Beispiel oben sieht man einen Vergleich der Markenreputation von Google und Facebook im Jahr 2018. Darauf ist ein Absturz der Facebook-Kurve in der Kalenderwoche 13 zu erkennen, was mit dem Cambridge-Analytica-Skandal zusammenhängt. Auch erkennt man, dass über Facebook relativ gesehen mehr positives geschrieben wird als über Google. Um dieses Ergebnis differenziert zu betrachten, kann man den Reputationstreiber auf die drei Subtreiber runterbrechen.
Bezüglich des Cambridge-Analytica-Skandals ist der größte Absturz im Beziehungstreiber zu verzeichnen, was auch naheliegend ist, weil die Nutzer zu diesem Zeitpunkt das Vertrauen in Facebook verloren haben. Im Google- Facebook Vergleich ist zu erkennen, dass beim Beziehungstreiber die Differenz der Unternehmen am größten ist, woraus man Schlussfolgern kann, dass die Beziehungspflege zu Nutzern Facebook besser gelingt als Google. Ebenso kann man auch diese Treiber auf ihre Untertreiber aufteilen, für ein noch detaillierten Blick. Unten abgebildet sind die Subtreiber des Markentreibers.
Abhängigkeit der Treiber
Im nächsten Abschnitt werden die Abhängigkeiten der Treiber zueinander beleuchtet. Die angewandte statistische Methode ist der Granger – Kausalitätstest. Hierfür wurde für jeden Treiber je eine Zeitreihen geschätzt, welche anschließend in Beziehung gebracht wurden. Die Gleichungen entsprechen dem VAR Modell (Vektorautoregressionsmodell).
Jeder Treiber nimmt eine Position des (1×3) Vektors ein, wobei das Y t-1 für den Treiberwert aus der letzten Woche steht. Das e bildet den Fehlerterm ab und das u einem markenspezifischen Treiber Effekt. Auf eine tiefere Erklärung dieser beiden Summanden wird der Einfachheit halber verzichtet. Das Alpha ist ein (3×3) Vektor, der die Korrelation von jedem vergangenen Treiberwert aus letzter Kalenderwoche zu der aktuellen Kalenderwoche darstellt. Ein solcher 3×3 Vektor ist unten abgebildet.
Das Ergebnis des Granger Kausalitätstest waren vier signifikante Einflüsse.
Je größer das Chi-Quadrat, desto stärker der Einfluss der jeweiligen Treiber. Den stärksten Wert verzeichnet der Beziehungstreiber zum Wertetreiber, gefolgt vom Markentreiber zum Wertetreiber. Die zwei schwächeren Werte sind der Einfluss von Markentreiber zum Beziehungstreiber und Wertetreiber zu Markentreiber. Genutzt werden können diese Ergebnisse, um die Markenreputation gezielter zu verbessern und Hebelwirkungen auszunutzen. Aus der obigen Grafik ist zu erkennen, dass unternehmensübergreifend der Beziehungstreiber den größten Uplift liefert. Das bedeutet, dass wenn der Beziehungstreiber steigt, der Wertetreiber nachzieht. Nun betrachten wir dies unter Berücksichtigung einer zeitlichen Komponente.
Die X-Achse bildet die Zeit in Wochen ab und die Y-Achse die Stärke des Impulses. In der Übersicht der jeweiligen Grafiken ist zu erkennen welcher Treiber der Impulsgeber ist und wo die Reaktion gemessen wird. Man sieht, dass der Einfluss vom Markentreiber auf den Wertetreiber und der Beziehungstreiber auf den Wertetreiber, eine Reaktionszeit von 1 Wochen hat. Das heißt, wenn beispielsweise der Markentreiber durch den erfolgreichen Release eines Produktes steigt, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch der Wertetreiber in der nächsten Woche steigen. Wie stark der Einfluss ist, ist aus der vorletzten Grafik zu erkennen. Der Wertetreiber hat einen Echtzeiteffekte auf den Markentreiber, ebenso der Markentreiber auf den Beziehungstreiber.
Zusammenhang mit dem Aktienkurs
Im nächsten Kapitel widmen wir uns den Abhängigkeiten von den Treiberwerten zu der Rendite des jeweiligen Unternehmens. Das Ergebnis ist aus der folgenden Grafik abzulesen.
Die positiven Werte stellen signifikante Abhängigkeiten dar. Der Aktienkurs eines Unternehmens reagiert in Echtzeit auf die Änderungen vom Markentreiber und hält langfristig an (mehr als 3 Wochen). Ein Beispiel hierfür ist ebenso der Cambridge-Analytica Skandal von Facebook. Der Aktienkurs und der Markentreiber sind zeitgleich gesunken. Beim Wertetreiber zieht der Aktienkurs kurzfristig nach (1-2 Wochen), hat jedoch langfristig eine negative Korrelation. Grund hierfür ist, dass Kosten und Qualität weniger schwanken. Der Beziehungstreiber hat in Echtzeit und kurzfristig eine negative Korrelation, zieht jedoch langfristig nach. Dies ist auch naheliegend, da beispielsweise freundliche Mitarbeiter keinen direkten Einfluss auf den Aktienkurs haben, im Vergleich zu einem Release oder Marken-Skandal. Jedoch bewähren sich langfristig in dem Fall freundliche Mitarbeiter, da dies die Kundenloyalität steigert und das Unternehmen stetig mehr Umsatz generiert.
Fazit und Validierung
Mittels des Social Media Trackers kann ein Markenruf eines Unternehmens in Echtzeit und dynamisch gemessen werden, sodass die Unternehmen stets in der Lage sind, ihren Ruf zu kontrollieren und zu steuern. Dadurch gelingt es Unternehmen schnell und effektiv auf Veränderungen zu reagieren, um den bestehenden Ruf für ihre finanzielle Performance zu verbessern. Nachteilig ist, dass der Tracker stark von den sozialen Plattformen abhängig ist und nur verwendet werden kann, solang die Plattformen eine solche Schnittstelle bereitstellen. Zudem können zurückliegende Daten, die nicht getrackt wurden, nicht in die Analysen einbezogen werden.
Dennoch kann der Tracker für Unternehmen von wichtiger Bedeutung sein, da sie durch den dynamischen Markenruf überprüfen und steuern können, ob Strategien sich positiv oder negativ auf den Ruf auswirken. Außerdem lässt sich überprüfen, wie sich bestimmte Markenereignisse (z.B: Produktrelease, Firmen Events, etc.) auf den Ruf des Unternehmens auswirken.
Des Weiteren können Stärken und Schwächen eins Unternehmens identifiziert werden und Wettbewerbsvergleiche sind möglich. Zudem wurde die Evidenz der Ergebnisse mit drei verschiedenen Ansätzen bestätigt. Zum einen wurde der Tracker auf Facebook und Instagram repliziert, um die Ähnlichkeit der Ergebnisse zu überprüfen. Der zweite Ansatz war, die Ergebnisse mit den Markenruf-Werten eines anderen Trackers (YouGov) zu vergleichen. Zuallerletzt wurden das Ranking der Markenwerte von unserem Tracker mit verschiedenen anderen Rankings verglichen, wie beispielsweise der Forbeslist. Alle drei Ansätze lieferten signifikante Ähnlichkeiten, womit nochmal die Nutzbarkeit des Trackers bestätigt wird.